Ford

 

Update: Ford lebt jetzt im Iran. Hoffentlich bei einer netten Familie, wo er weiter Blödsinn machen darf. In Persepolis wurde der Frosch aufgebrochen und Ford gestohlen. Wir haben ihn nicht wiedergefunden. Die ganze Geschichte zu Ford und seinem Verschwinden findet ihr auch in unserem Buch. 

 

Wir hatten sie alle nach Automarken benannt – unsere sieben Werkstatt-Welpen-Waisen in Kathmandu, Nepal. Leider überlebte nur ein einziger von den kleinen Welpen, die wir in die Obhut von Animal Nepal gegeben hatten. Das war weder Mercedes noch Porsche. Sondern Ford.

 

Er war der einzige Rüde im Wurf, der Zweitdickste und natürlich der Hässlichste von allen. Im Großen und Ganzen sah er eher aus wie eine Bambusratte statt wie ein niedliches Hundebaby. Wir nahmen ihn wieder bei uns auf, schließlich hatten wir genügend Zeit ihn die nächsten Monate aufzupäppeln und ihm ein neues Zuhause zu suchen, bevor es wieder zurück nach Indien gehen sollte. So war der Plan.

 

Ford hielt uns auf Trapp. Alle 4 Stunden hieß es: Milch anrühren, im neu gekauften Baby-Flaschenwärmer auf die richtige Temperatur bringen und rein mit dem Silikon-Sauger in das kleine hungrige Hundemaul, das den Sauger dann plötzlich nur noch mit viel Überzeugung nahm. Aber er trank. Und wir führten Buch über die Milliliter, die in seinem kleinen immer dicker werdenden Bauch verschwanden. Noch blind und mit geschlossenen Ohren verschlief er seine erste Froschfahrt von Kathmandu nach Pokhara im Juni. Doch dann dauerte es nicht mehr lange und er öffnete die Augen, machte seine ersten Schritte, seinen ersten richtigen Haufen und entdeckte die Welt. Nachts versuchte er grundsätzlich aus seinem Bettchen herauszukrabbeln und nörgelte jedes Mal so lange herum, bis wir hellwach waren und nicht mehr einschlafen konnten. Danke Ford! Das einzige, was half, waren Steine. Steine? Ja, Steine. Warum auch immer, Ford entwickelte eine große Leidenschaft für Steine. Je unbequemer, desto tiefer sein Schlaf. Also legten wir ihm zwei Steine in sein Körbchen. Und es funktionierte. Er schlief durch und wir auch!

 

Inzwischen wurde er auch immer niedlicher. Sein Fell wurde heller, die Schnauze spitzer und weniger schwarz, seine Ohren immer größer und seine Pfoten leider auch. Wie groß er wohl werden wird? Sein großer Bruder Ole war faszinierend – Ole hingegen fand den kleinen Hund einfach nur nervig! Um ein neues Zuhause für ihn zu finden, setzte ihn Animal Nepal auf ihre Adoptionsseite. Und dann kam die erste SMS und dann noch eine Email mit dem Wunsch unseren Ford zu adoptieren. Wir gerieten ins Schwanken. Wollten wir Ford tatsächlich wieder hergeben? Diesen kleinen, süßen und irgendwie doch immer noch hässlichen Kerl? Mit zwei Hunden reisen? Und Ende des Jahres noch unser Baby? Funktioniert das alles? Wir überlegten hin und her und natürlich siegte Herz über Verstand. Ford in einer anderen Familie – das konnten wir uns nicht mehr vorstellen. Irgendwie gehörte er jetzt zu uns und es war außerdem schön, wieder einen zweiten Hund zu haben. 

 

Wir suchten einen Tierarzt auf, um Ford die ersten Impfungen zu verpassen. Dieser stellte Ford auf seinen Schreibtisch, schaute ihn von vorne und von der Seite an, zuppelte ihm an den Ohren, drehte ihn hin und her und entschied mit ziemlicher Überzeugung: Ford ist ein Deutscher Schäferhund! Nun hatten wir also einen „Rassehund“ aus Kathmandu mit Manieren eines klassischen Straßenköters. So viel Glück muss man erstmal haben!

 

Bei Ford dreht sich alles ums Essen. Dann gehen die Ohren auf Durchzug und nichts anderes zählt mehr. Dabei muss es noch nicht einmal schmackhaft sein. Hauptsache Wirkung! So hatte Ford leider bereits im zarten Alter von 3 Monaten seinen ersten Nikotinflash und auch schon seinen ersten Schluck Bier intus.

 

Bei Ford muss man permanent ein wachsames Auge haben, ansonsten verschwindet alles, was nicht niet- und nagelfest ist, in seinem kleinen Hundemaul: Taschentücher, tote Fische, Wäscheklammern – auch unsere neuen Stühle wurden bereits angenagt. Unsere Frosch-Innen-Einrichtung interessiert ihn glücklicherweise nicht – nur der Fliegenschutz an der Tür wird jeden Abend aufs Neue bekämpft. Bisher hat der Vorhang stand gehalten...

 

Beim Abwasch hilft Ford fleißig mit. Spülmittel scheint einen besonders leckeren Geschmack zu haben und Abwaschschwämme braucht man auch nicht kauen  - einfach runterschlucken, bevor sie einem jemand wieder aus dem Maul zerrt!

 

Wenn es mal nicht ums Essen geht, geht er seiner zweiten Leidenschaft nach: Jo. Seine erste große Liebe und unsere englische Reisebekanntschaft aus Goa. Mit ihr und ihrem Freund Mark haben wir nach 2 Monaten in Goa nochmal 2,5 Monate in Nepal verbracht. Bei Jo auf dem Schoß zu liegen muss das Größte sein: Gestreichelt werden und dabei genüsslich einschlafen – Jo scheint magische Hände zu haben, denn bei ihr mutiert er innerhalb von Sekunden zum liebsten Schoßhündchen der Welt, der niemals etwas anknabbern würde!

 

Und Ole? Der hat sich inzwischen an seinen neuen Bruder gewöhnt und teilt während der Fahrt auch ab und an sein Körbchen mit unserem neuen Familienmitglied. In Löffelchen-Stellung, versteht sich!

 

Geburtstag: 10.05.2010

Geburtsort: Kathmandu, Satdobato, Irwins Workshop

Vom überzeugten Tierarzt eingetragene Rasse im Impfausweis: Deutscher Schäferhund 

Tatsächliche Rasse: Kathmandu Straßenköter

Rufname: Ford

Spitzname: Fordiiii, gelegentlich auch Fatboy Ford

Lieblingsbeschäftigung: Essen

Hobby: Surfen

Besondere Begabung: Sein Bellen hört sich eher an wie das Krähen eines Hahns