Ab Mitte Türkei bist du nicht mehr allein

Ab Mitte Türkei bist du nicht mehr allein – diesen Satz hatten wir in einem der vielen Reiseberichte gelesen. Und genau dieser Satz fiel uns jetzt wieder ein, denn wir waren nun etwa in der Mitte der Türkei und nicht mehr ganz so unbeobachtet wie sonst.

Die ersten Erfahrung machten wir hinter Ankara, als wir in einem kleinen Dorf einen Brunnen mit Wasserhähnen entdeckten. Wir waren auf der Suche nach einer Möglichkeit unsere komplett leeren Tanks aufzufüllen, aber die Moschee hinter dem Brunnen verriet: hier halten Moslems ihr Waschritual ab. Hier  500l  Wasser für unsere Tanks abzwacken? Sehr fragwürdig. Wir standen mitten auf dem Dorfplatz und man schaute schon aus der sicheren Ferne, warum denn der große grüne LKW hier plötzlich gelandet ist samt Mann, blonder Frau ohne Kopftuch und dem großen schwarzen Teufel mit Halsband. Höchst interessant!

Wir überlegten kurz, ob wir weiterfahren oder fragen sollten und entschieden uns für Letzteres. Mit Händen, Füßen und gemalten Zahlen auf dem Frosch versuchte Till einem der Dorfbewohner zu erklären, dass wir unsere Wassertanks auffüllen wollten. Der Mann hob die Arme ausgestreckt zum Himmel, sagte etwas auf türkisch und lachte uns freundlich an. Ich interpretierte, dass der Brunnen soviel Wasser hat, wie wir wollen. Er ging weg und kam zurück mit Obst als Geschenk für uns und einer 2l Fantaflasche. Oh. Ich wollte jetzt nicht 1.000 mal die Flasche füllen, dachte ich. Wir zeigten ihm unseren Schlauch. „Tamam (ok)?“ Fragte ich. „Tamam!“ Er lachte, hatte verstanden und befestigte den Schlauch am Wasserhahn. Till übernahm und unser Helfer zückte sein Handy und schoss erst ein Foto von Till und dann eins von Ole hinterm Steuer. So ein Happening in diesem kleinen Dorf muss natürlich festgehalten werden! Von mir machte er kein Foto, ich bin ja auch eine Frau. Wir schenkten ihm zum Dank einen unserer Frosch-Pins. Dann war er weg und beobachtete uns vermutlich weiter aus der Entfernung.


Kaum war der eine weg, umkreiste uns der nächste. Der ältere Mann entschied sich dann, näher zu kommen und ein Gespräch anzufangen. Er fragte Till, ob ich sein Weib wäre, ob wir Kinder hätten. Alles in gebrochenem Deutsch. Ja, ich wäre sein Weib, aber nein, Kinder hatten wir noch keine, nur den „Wau-Wau“. Er lachte. Natürlich war auch er schonmal in Deutschland, in Frankfurt Hanau. Irgendwie sind alle, die wir bisher kennengelernt haben, schonmal in unserer Heimat gewesen, oder haben Verwandte oder Freunde dort. Ein paar Minuten später kamen die nächsten Interessierten zum Frosch: zwei Jungs mit einem Tablett und zwei Gläsern Cay-Tee für uns! Denn: Ohne Tee läuft in der Türkei nämlich gar nichts!. Tee ist hier das Nationalgetränk Nummer 1, bei dem Kaufpreise für Teppiche ausgehandelt werden, Verträge geschlossen, Backgammon gespielt, sich nach einem Werkstattbesuch bedankt wird oder Kontakt zu Frosch-Reisenden aufgenommen wird.. Tee wird den ganzen Tag getrunken und am besten mit 2 Stückchen Zucker, sonst ist er zu bitter. So taten auch wir es und freuten uns sehr über die wirklich nette Geste.

 

Am Abend suchten wir ein Plätzchen in einem Dorf in der Nähe von Sivas. Wir standen in einer Siedlung, hier hatten wir Internet. Während wir noch am mit unserer Antenne am hantieren waren hielt ein Autofahrer an. „Woher kommst du, was machst du hier?“ Wir dachten, wir wären hier etwas versteckt hinter den Häusern. Aber Pustekuchen. Natürlich hatte man uns gesehen! Wir erklärten, dass wir hier übernachten wollten. Das wäre gar kein Problem, meinte er, und nach einem kurzen Gespräch (er lebt auch in Hannöver – aber in Sachsen Anhalt) war er genauso schnell wieder verschwunden, wir er gekommen war. Die Polizei wollte dies dann auch nochmal genau wissen und hielt mit Blaulicht neben uns. Sie schalteten auch kurz ihre Sirene ein, ganz nach dem Motto: Sofort Aussteigen! Till folgte der Aufforderung und erklärte wieder freundlich, was wir hier machen würden. Alles kein Problem, schönen Abend. Auf Wiedersehen. Weg waren sie wieder. Und wir wieder alleine.

 

300km weiter fanden wir am nächsten Abend wieder einen schönen Parkplatz (natürlich mit Internet) in einem Wohngebiet in Erzincan. Wir hatten es uns gerade gemütlich gemacht, da wummerte es heftig an die Tür. Till schaute durchs Fenster und sah zwei Typen, die türkisch mit ihm sprachen. Till erklärte, dass wir hier nur übernachten wollten. Aber sie verstanden ihn nicht und riefen stattdessen die Polizei! Diese kam und verstand genauso wenig. Da stand Till nun draußen auf der Straße mit zwei Polizisten und den zwei anderen Männern und ich beobachtete die Situation durchs Fenster. Dann machte der Polizist deutlich, dass er in den Frosch gucken wollte. Ach herrjee. Schnell hab ich die Hose angezogen, die Laptops zugeklappt und die Bettdecke über die Computer geworfen und schon ging die Tür auf. Ab hier übernahm dann Ole das Kommando und Till und ich freuten uns, dass unser Plan so wunderbar funktionierte. Ich tat so, als würde ich den beißenden Hund mit aller Kraft an seinem Halsband zurückhalten müssen. Ole knurrte in seinen herrlichsten Tönen und als der Polizist dann auch noch Anstalten machte, bei uns einzusteigen, knurrte Ole noch einen Tick heftiger als zuvor. Oscarreif! Der Polizist machte einen Schritt zurück, hatte seine Neugier ziemlich schnell befriedigt und gestattete uns, die Nacht hier verbringen zu dürfen. „Cay-Tea?“ Fragte er Till dann. Till lehnte ab und stieg zurück in unseren Frosch und gab unserer Alarmanlage erstmal zur Belohnung einen leckeren Hundekeks!

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Kommentare: 3
  • #1

    JAn (Samstag, 21 November 2009)

    Ist bestimmt cool so ein Hund dabei zu haben :-)
    Bei uns hab ich immer knurren müssen - hat auch funktioniert. Wir haben allerdings fast nie den Wagen aufgemacht, wo wir noch schlafen wollten (könnte ja irgendwelche Interessen wecken). Nur wenn wir wussten, dass wir gleich weiter fahren, haben wir eher mal die Tür aufgemacht.
    Grüße!
    Jan
    PS: Wenn der Cay wirklich zu bitter schmeckt, dann isser schon zu lange durchgezogen. Aber wartet mal den Cay im Iran ab (müsstet Ihr inzwischen schon getrunken haben) - der ist etwas weicher und m.E. noch süffiger als der Türkische Tee

  • #2

    Ingo (Samstag, 21 November 2009 11:44)

    Guter Cay schmeckt auch in der Türkei nicht bitter. Oder anders gesagt: Türkische Cay muss nicht bitter schmecken. Ich trinke auch hier in Deutschland immer türkischen Cay, da jeder andere schwarze Tee, wenn Du ihn etwas zu lange ziehen lässt, sehr schnell bitter wird. Mit dem richtigen Cay kann Dir das allerdings nicht passieren. Da kann der Tee auch Stunden ziehen. Er wird dann halt nur stärker aber niemals bitter.

  • #3

    toby (Sonntag, 22 November 2009 06:04)

    spitzenfeeds. ich beneide euch mit jedem kilometer mehr, um euren trip. das sonnenbrillenhundbild ist top! und das der frosch nen durchgang (-reiche) ins wohnzimmer hat, war mir auch unbekannt. großes kino. keep on trucking!