Pakistan - ein Tag an der Grenze

Wir fuhren durch das Tor nach Pakistan. War unser Frosch eine Zeitmaschine geworden? Welchen Knopf hatten wir gedrückt, dass wir 2.000 Jahre zurückgebeamt wurden und jetzt mitten in der biblischen Geschichte standen? Um uns herum ein Dorf, das aus Barracken und Lehmhütten bestand, alles in sandig beige. Die Klamotten der Leute machte die Zeitreise perfekt: Pluderhose mit knie-langem Hemd, dazu das Multifunktions-Schnuffeltuch, entweder um den Kopf gewickelt oder über die Schulter geworfen, zum Naseputzen, als Kopfbedeckung oder als Gesichts-Schutz vor kleinen Sandstürmen. Nur die eine geteerte Straße etwas weiter entfernt sagte uns, dass die Neuzeit hier doch halbwegs angekommen war. Aber das sah hier nicht nach Grenze aus. Genauso wie wir uns fühlten, schauten uns die Leute an: Ein grüner LKW war gelandet und drinnen saßen nicht nur zwei Menschen, sondern auch ein Hund....

 

....weiter gehts im Buch! :-)

In der ersten Baracke befand sich die Passkontrolle. Auf dem Flur wurden unsere Daten in ein riesiges Buch eingetragen. Volkszählung? Hinter dem Flur war dann wieder Neuzeit: man arbeitete mit Computern! Das sollten allerdings vorerst die einzigen Computer bleiben, die wir zu Gesicht bekommen sollten. Bitte hier rein schauen – nun gab es per Webcam auch noch ein Foto zu den Daten im Computer und danach für uns den Einreisestempel im Pass. Dann war es mit der Neuzeit wieder vorbei und uns brachte ein Mann in beigem Schlafanzuglook und mit braunem Jutebeutel, in dem er Devisen zum Wechseln verwahrte, zum ersten Zoll-Chef. Platz genommen auf der Couchgarnitur stellte ich fest, dass die Nachthemden auch wahlweise mit Schulterklappen zu haben waren – scheinbar ganz nach Dienstgrad oder Dienststelle. Wieder wurden unsere Daten in ein riesiges Buch eingetragen. Dazu ein bißchen Smalltalk, fertig. Und jetzt? Big Customs, please! Und wo? Dahinten. Man zeigte mitten ins Dorf hinein. Also fuhren wir erstmal ein wenig planlos über die Staubstraßen durch das Grenzdorf bis wir das Customs House fanden. Hier standen schon die wunderschönen kitschigen LKWs der Pakistaner. Was für Kunstwerke! Überall glitzerten und funkelten sie. Kein Platz wurde ausgelassen, wo nicht irgendein Dekostück klebte, Dazu waren sie auch noch völlig überbeladen. Was wohl ein Deutscher TÜVer dazu sagen würde? Bevor wir aber weiter bewundern durften, ging es für uns hinein ins Haus vom Zoll.

 

Eigentlich standen hier nur ein paar Schreibtische herum. Die Wände hatten seit dem Bau keine weiße Farbe mehr gesehen, an manchen Stellen waren sie pekig-braun. Sie konkurrierten mit den Gardinen, die vor Dreck standen, und den durchgesessenen Sofas um den ersten Platz in der Championsleage des Schmuddels. An der Wand über der Eingangstür hing eine Werbe-Maggie-Uhr. Wow, hier gibt es sogar die 2-Minuten-Terrine! Daneben hing ein Schwarzwald-Bild. Wie das wohl hierher gekommen war? Hinter den Schreibtischen standen verbogene Metallregale, auf denen sich die zerfledderten Akten stapelten. Computer oder Technik? Weit gefehlt. Hier wurde wieder alles per Hand notiert und in ein großes Buch eingetragen. Doch diese Baracken-Atmosphäre machte nichts, denn die Freundlichkeit der Menschen an dieser Zollstation ließ alles doch irgendwie erstrahlen. 

 

Unsere gesamte Zollabwicklung glich einem Kaffeeklatsch. Wir bekamen nicht nur unseren ersten pakistanischen Cay Tea, den es ab nun immer mit Milch und Gewürzen gibt, sondern auch noch Kekse. Dazu sehr amüsanten und perfekt verständlichen Smalltalk auf Englisch über unsere Reise, Jobs, natürlich Kinder und so weiter. Mit einem Elektro-Schock-Tennisschläger jagte der Zoll-Chef die ganze Zeit den nervigen Fliegen hinterher. Getroffen hat er fast nie, worüber er die ganze Zeit herzlich lachen konnte. Dann bekamen wir unsere Pässe und das Carnet zurück. Das war es? Ja, das war es!. Weder Kennzeichen oder Motornummer noch eine Frosch-Begehung war nötig! Wie viel Glück konnte man noch haben? Noch mehr, wie sich dann herausstellte. Denn wir fragten nach, ob wir die Nacht hier verbringen könnten, denn bis nach Dalbandin würden wir es im Hellen vielleicht nicht mehr schaffen. Auch dies war gar kein Problem. Der Frosch wurde direkt vorm Zollhaus geparkt und dann wurden wir zum Mittagessen mit den Obersten vom Zoll eingeladen! Der Zoll hatte drei eigene Köche und laut Zoll-Chef war Essen das einzige Highlight am Tag. Das konnten wir nachvollziehen, denn wir bekamen ein Festessen: ein Schwung pakistanischer Gerichte, Reis, Salat, dazu frisch gebackenes Brot und zum Nachtisch Früchte, von denen wir noch nie etwas gehört hatten. Sie schmeckten, aber der Nachgeschmack war nach Stunden irgendwie immer noch da.

 

Nun hatten wir erstmal ein bisschen Pause, doch zum Abend hin folgte die nächste Einladung. Diesmal lud uns der Zoll-Chef in sein Zimmer ein. Hier überschritten wir wieder die Grenze in die totale Technikwelt. Auf dem Boden standen Telefone und lagen Handys herum, auf dem Regal stand ein großer Computer-Flachbildschirm und daneben ein riesiger Fernseher. Ganze drei Satelliten-Schüsseln hatte er sich hier installieren lassen und konnte alles empfangen. Von ganz Asien über Amerika und Russland bis hin zu Europa. Und wenn ein Pakistani schon so viel Auswahl hat, muss er zappen! Wir bekamen ein 3-stündiges Pottpourrie aus Nachrichten, indischen und amerikanischen Seifenopern und dem Highlight Wrestling. Und während Wrestling lief, war zappen selbstverständlich verboten! Einen kleinen Snack gefällig? Es wurde uns etwas Vogelfutter-Artiges auf die Hand geschüttet und es war unglaublich lecker, für jemanden, der gerne Räucherstäbchen isst statt sie anzuzünden...Auch dieser Geschmack blieb leider ewig.

 

Nach dem uns die Zollmänner auch noch zum Abendessen einluden, waren wir von der ersten Erfahrung mit Pakistan überwältigt. Wieso wird eigentlich nie etwas Gutes über Pakistan in den Medien gebracht? 

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    toby (Samstag, 26 Dezember 2009 10:52)

    spitze!