Auf den Spuren Gandhis...

Bereits in Amritsar besuchten wir den Jallianwala Bagh, den kleinen Park, in dem 1919 eine friedliche Demonstration von 20.000 Indern stattfand. Ohne Vorwarnung wurde damals von 150 britischen Soldaten das Feuer auf die Demonstranten eröffnet, die aufgrund der hohen Mauer, die um diesen Park ging, nur die Chance hatten in den einzigen tiefen Brunnen zu springen, um vor den Kugeln zu flüchten. 400 Menschen starben, über 1.500 Menschen wurden verletzt. Als Antwort auf dieses Massaker startete Gandhi sein Programm des zivilen Ungehorsams und sagte, dass jede Zusammenarbeit mit dieser satanischen Regierung eine Sünde sei. Gandhi predigte ab dem Zeitpunkt das Satyagraha: der gewaltlose Widerstand gegen die Herrschaft der Briten. Gandhi gründete mehrere Ashrams, unter anderem auch den Sevagram Ashram, wo er selber 10 Jahre lang lebte. 

Noch heute gibt es diesen Ashram, wo Menschen entweder vorübergehend für ein paar Tage, Wochen oder Monate oder auch für Jahre oder den Rest ihres Lebens nach Gandhis Glaubensgrundsätzen leben. Man kann den Ashram auch als Tourist besuchen und sich die verschiedenen Lehmhütten, natürlich auch die von Gandhi, anzuschauen. Hier ist auch sein einziges Hab und Gut ausgestellt: seine berühmte Brille, seine Schuhe, sein Gehstock, sein Spinnrad und die Gegenstände, die er im Ashram benutze. 

 

Wir durften mit dem Frosch auf dem Ashram-Gelände neben der Schule unter einem großen Baum parken und drei Tage Ashram-Leben genießen. Die Grundsätze der Ashrambewohner sind einfach: Was du selber machen kannst, brauchst du nicht zu kaufen. Konsum ist Gift, habe nur soviel, wie du wirklich brauchst, denn mehr macht dich auch nicht glücklich. Selbst Zahnpasta wird hier nicht gekauft, sondern ein Pulver aus Pflanzen selber hergestellt. Der Abwasch wird auch nicht mit Spülmittel gemacht, es steht ein großer Korb mit Asche am Becken, die genauso gut reinigt, wie Fairy Ultra! 

 

Unser erster richtiger Tag im Ashram wurde um 4.45 Uhr eingeläutet mit einer gesungenen Andacht vor Gandhis Lehmhütte. Danach sind wir nochmal schnell ins Bett gehüpft, bis es um 6.30 Uhr mit der einstündigen Arbeit für die Gemeinschaft weiterging. Hier hat die Luft noch genügend Sauerstoff um zu arbeiten, so ein Ashram-Bewohner. Der Hof wurde gefegt, die Kühe gefüttert, der Kuhdunk zur Wiederverwertung in der eigenen Metan-Gas-Anlage für die Küche gesammelt etc. Till und ich wurden für die Feldarbeit eingeteilt und durften zweimal, während die Sonne langsam über dem Feld aufging und ihre Wärme schon wieder eine heftige Kraft ausstrahlte, einen Acker umgraben. Nach der Arbeit wartete bereits das Frühstück, das gemeinsam im Essensraum hinter der Küche, oder, wenn es eine große Gruppe war, draußen vor dem Küchenhaus eingenommen wurde. Gegessen wurde ausschließlich das, was hier im Ashram angebaut wurde und ebenfalls nach Gandhis vegetarischen Ernährungsgrundsätzen. So war das Essen hier z.B. unglaublich mild im Gegensatz zu dem sonst wirklich typisch scharfem indischen Essen. Um 11 Uhr gab es bereits Mittagessen, damit der Körper die Mittagshitze (unerträgliche 40-45 Grad!)  besser verträgt und um 17 Uhr, bevor es dunkel wurde, gab es Abendessen. Nach dem Abendessen wurde um 18.00 Uhr zur Andacht auf dem großen Platz vor dem Peerpul-Baum, den Gandhi 1936 anpflanzte, geläutet. Hier, wo Gandhis Platz mit einem Kissen und einem Holzbrett freigehalten wurde, kamen wieder alle zusammen, es wurde gesungen und das „Vater Unser“ gebetet und auch wir durften hier wieder dran teilnehmen. Als es dunkel wurde, kletterten wir müde von der Hitze auf das Froschdach in unser Zelt. Doch an sofortiges Durchschlafen war nicht wirklich zu denken. Erst kamen noch neue Ashram-Besucher, die neugierig waren und wir aus unserem Bett wieder aufstehen sollten, damit sie mit uns ein Handy-Interview führen konnten. Ich war zu müde und Till war in Übung. Er hatte am Nachmittag schon ein echtes TV-Interview für die Mahatma Gandhi Assosiation gegeben und da sollte ein kleines Handy-Interview von einem Uni-Studenten ein Klacks sein. Kurz nachdem das Interview beendet war, kletterte Till wieder zu mir ins Bett. Kurz danach, um 21 Uhr, sowie nochmal um 23 Uhr, 3 Uhr und 4.30 Uhr wurde kräftig geläutet. Leider hing das Metallstück, auf welches der menschliche Wecker für den gesamten Ashram mehrfach kräftig drauf schlug direkt an dem Baum unter dem wir parkten. So freuten wir uns wenigstens um 3 Uhr Nachts, dass wir noch 1,5 Stunden weiter schlafen konnten und es noch nicht Zeit war, aufzustehen!

 

Am Tag unserer Abfahrt wurden wir am Vormittag in die Schule eingeladen. Die vielen Kinder hatten wir alle bereits kennen gelernt, da sie in ihren Pausen ständig um den Frosch herum standen und nach Rüdiger riefen. Rüdiger-Ole war nach einem Tag bereits mit den Nerven am Ende und froh, dass wir diesen Ort endlich verlassen würden. Aber vorher durften uns die Kinder noch über unsere Reise ausfragen. Sie empfingen uns mit ihren Lehrerinnen mit einem gesungenen Gebet und frischen Blumen. Danach zeigten wir ein paar unserer Fotos und erklärten auf einer Weltkarte unsere Reiseroute. Sie fragten, warum der Frosch grün ist und lachten über die Geschichte, dass auch Rüdiger-Ole einen Pass hat. Die Lehrerinnen fanden mein Iran-Outfit so amüsant, dass sie allesamt kicherten. Erschreckend war für uns, dass die Kinder so taten, als würden sie sich gegenseitig Pistolen an die Köpfe halten, als wir erzählten, dass unsere Reise auch durch Pakistan ging. Nach einer Stunde mussten sie wieder die normale Schulbank drücken und wir verabschiedeten uns von den ganzen Ashram-Bewohnern.

 

Wir wurden von einem der Bewohner gefragt, was wir für Erfahrungen aus dem Ashram mitnehmen würden. Für einschlägige Erfahrungen waren drei Tage definitiv zu kurz, aber um einmal kurz in den Tagesablauf des Ashrams zu schnuppern und zu sehen, dass manche ihr Leben diesem Weg verschrieben haben reichte es. Die friedliche Stimmung an diesem Ort und die Herzlichkeit, die uns gegenüber gezeigt wurde, war beeidruckend. Unter dem Baum zu sitzen, den Gandhi angepflanzt hat, und zu meditieren, war ein besonderer Moment, doch bis wir uns dem Konsum entsagen, wird wohl gerade bei uns noch sehr viel Wasser den Ganges herunter fließen und einiges an Rupee-Scheinen mit dem Konterfei von Gandhi durch unsere Finger gehen ..... Om shanti shanti shanti!

 

GEWINNSPIEL DELUXE

Zu allen neuen Blogeinträgen gibts natürlich wieder die klassische Postkarte. Zu diesem Blog verlosen wir auch noch einen "hohen Geldbetrag". Erzählt uns, könntet ihr ohne Konsum leben? Auf was könntet ihr sehr gut verzichten und auf was nicht?

Der Gewinner ist der Lange! Herzlichen Glückwunsch!

Kommentar schreiben

Kommentare: 5
  • #1

    toby (Dienstag, 06 April 2010 13:56)

    hippie-trail in reinkultur! - ich könnt gut auf meine W123-300D verzichten. den hab ich schon 1.5jahre nicht mehr gefahren, obwohl angemeldet.

  • #2

    Erzengel Gabriel (Mittwoch, 07 April 2010 12:44)

    Ja, ich kann auf Konsum verzichten. Es ist bei mir eher noch eine "Gewohnheit", doch oft besinne ich mich und erspare mir den Konsum von Artikeln, die ich ja doch nicht wirklich brauche ;)
    Ich versuche ja meinen großen Frosch soweit zu kriegen, den normalen Komfort auch ohne Strom leben zu können. Das ist mein Traum und daraufhin arbeite ich zu.
    Worauf ich nicht verzichten kann, ist meine Freiheit.
    Ich glaube, worauf ich auch nicht verzichten möchte sind so Dinge wie Watte-Ohrstäbchen und Toiletten-Papier. Auch wenn das in anderen Ländern ganz gut ohne geht.

    Blessed be,
    vom Erzengel

  • #3

    Der Lange (Freitag, 09 April 2010 23:23)

    Ich könnte gut auf Arbeit verzichten ;)
    Nein,mal im Ernst. So'n Experiment würde ich zwar auch mal mitmachen, aber auf Dauer wäre das nichts für mich. Kein Bulli, kein Motorrad und kein Heide Park und und und??? Das sind doch die Momente, die richtig Spaß machen.
    Aber bei dem Hintergrund der englischen Besatzer ist das natürlich 'was anderes.
    Bleibt gesund

  • #4

    Christiane (Dienstag, 27 April 2010 00:08)

    no chance, im Urlaub kann ich auf TV verzichten und natürlich auf den ganzen Alltags- und Berufsstress...ohne alles wird echt schwierig....war aber auch noch nie Zwangsversuchskanninchen....mal ne Erfahrung wert

  • #5

    Nick (Montag, 25 April 2011 22:50)

    Verzichten? Wow, ich könnte nicht mal auf den Kauf eines neuen Galaxy S2 Handys verzichten. Die Navi Funktion für unterwegs ist einfach super. Und die Technik darin beeindruckt mich. Aber das macht mich natürlich nicht für Wochen und Monate "glücklich". Dazu gehört für mich eher, die Uni erfolgreich abzuschließen, mit Freunden zelten, die Familie besuchen und und und. Der Konsum an sich macht mich nicht dauerhaft glücklich, kann aber spannend/interessant sein. Später will ich auch das Interesse der Kunden erwecken, meine Produkte zu kaufen. Ohne ein ordentlich bemessenes Vermögen kann ich nicht leben. Schließlich kosten Unternehmungen Geld...