
Wir waren wieder on the road! Nach einer Woche in Morjim Beach hatten wir unsere Pläne direkt nach Kerala zu fahren wieder verworfen. Die 35 Grad im Schatten in Goa reichten uns völlig aus. Und da der Süden Indiens im März/April noch heißer bzw. mit hoher Luftfeuchtigkeit daherkommt, wollten wir das weder Ole noch uns antun. Die Planänderung hieß: auf nach Hampi und dann Richtung Norden über Hyderabad nach Varanasi und dann im April Grenzübergang nach Nepal.
Wieder on the road zu sein bedeutete für mich am ersten Tag Adrenalin auf ganzer Linie. Enge Straßen, große Busse, das übliche Dauer-Gehupe und waghalsige Überholmanöver. Ich musste mich allerdings nur zweimal ducken, die Augen zu kneifen und dabei die Luft anhalten, als ein Bus mal wieder so dicht an uns vorbei rauschte, dass ich dachte, er würde uns rammen bzw. mir wieder mein Spiegelglas in den Arm jagen. Aber der Frosch blieb verschont und ich auch! Den ersten Tag hatten wir also recht gut überstanden und irgendwie hatte ich mich am Nachmittag auch fast wieder dran gewöhnt. Ich hatte große Hoffnungen für den nächsten Tag, denn auch mein neuer eigener Hup-Knopf gab mir ein gutes Gefühl. Till hatte mir in Agonda eine eigene Hupe eingebaut, die ich nun bei jeder Gelegenheit drückte und wenn uns einfach nur ein großer Bus entgegen kam. Entweder ich bildete es mir ein oder sie fuhren nach meinem Hupeinsatz tatsächlich immer ein klitzekleines bißchen zur Seite. Guter Dinge schliefen wir in dieser Nacht ein, nicht wissend, dass uns der nächste Tag mal wieder Einiges bescheren würde.
Der nächste Morgen begann erstmal mit einem Reparatureinsatz. Der Standgas-Regler war defekt bzw. musste nachgestellt werden, da der Motor beim Bremsen immer ab soff. Leider benötigte man dafür einen ganz dünnen, ganz langen und unglaublich gelenkigen Arm mit mindestens 10 Fingern um von oben im Motorraum an die eine Schraube zu kommen und nochmal genau den gleichen Arm, um von unten durch die kleinen, engen Zwischenräume nach oben in den Motorraum zu gelangen und von dort aus gegen zu halten. Wer hatte sich so eine Konstruktion einfallen lassen? Doch irgendwie schafften wir es zu zweit den Draht nach unten zu ziehen und die Schraube wieder festzustellen. Wir waren danach von oben bis unten voller Schmiere und dreckig bis tief unter die Fingernägel aber nun lief der Frosch wieder – ganze 10 Meter bis zum nächsten großen Geholper. Da rutsche es wieder zurück, die 2 Stunden Fummelei und Arm-Biegerei am Morgen waren für die Katz´ und der Motor mal wieder aus. Es nützte nichts, wir starteten den Frosch neu und fuhren mit Standgas-Problem weiter.
Je näher wir an die nächste Stadt herankamen, desto mehr Idioten tummelten sich auf den Straßen und desto öfter musste gebremst werden. Ergo ging der Frosch ständig aus und musste alle paar Meter neu gestartet werden. Großartige Voraussetzungen, um sich durch den chaotischen Verkehr zu schlängeln. Aber das war nur das eine. Das andere war die mal wieder nicht vorhandene Beschilderung in dieser Stadt. Wo geht’s hier bitte nach Hampi? Wir erlebten die erste Krise an diesem Tag. An einer Kreuzung übersahen wir eine Ampel. Kein Wunder, denn wer rechnet hier mitten in Indien auch plötzlich mit einer Ampel? Wir fuhren scheinbar bei Rot herüber und wurden natürlich vom Ampel-bewachenden Polizisten angehalten. Er forderte freche 500 Rupees Strafe! Der Froschmotor war eh mal wieder ausgegangen. Also blieben wir einfach stehen und warteten ab. 500 Rupees wollten wir nicht zahlen! Er forderte weiter. Wir weigerten uns. Dann fragte Till nach einem Beleg, den wir ja bekommen müssten, wenn wir zahlen würden. Dann würde das Ganze sogar 1000 Rupees kosten, meinte der Polizist. Nach ewigem Hin und Her und unseren Aussagen, dass wir noch nie eine Strafe in Indien zahlen mussten, weil wir Touristen und entsprechend Gäste Indiens sind, ließ er uns endlich ohne zu zahlen weiterfahren!
Wir fanden schließlich den Weg zum Highway und wurden belohnt: zweispurig in beide Richtungen inkl. Abgrenzung auf dem Mittelstreifen! Ein Traum in Indien – der leider nach einer halben Stunde auch wieder vorbei war. Zurück auf die einspurige Landstraße, denn der Weg nach Hampi führte mal wieder mitten durch eine Stadt. Wir hatten Glück, denn das Schicksal wollte, dass wir direkt in Hubli an einem Hupen-Geschäft vorbeikommen sollten. Und da war sie: die Druck-Luft-Melodie-Super-Deluxe-Mega-Fanfare die wir seit dem Iran gesucht hatten. 7 Hörner spielten 30 verschiedene Melodien – damit sollte ich die Hup-Königin Indiens werden! Sie war so laut, dass das Motto bald heißen sollte: lieber taub als tot!
Weiter auf dem Highway fuhren wir an einer Tata-Werkstatt vorbei, die Busse und LKW reparierte und auch optisch einen guten Eindruck machte. Wir überlegten, ob wir unsere Bremsen einmal checken lassen sollten. Wir entschieden uns dafür und als wir auf den Hof der Werkstatt fuhren, war es mal wieder, als wären wir unabsichtlich hineingeschlüpft in einen indischen Film mit uns als Hauptdarstellern, dessen unbekanntes Drehbuch wir nicht beeinflussen konnten. Innerhalb von Sekunden waren wir umringt von 160 indischen Mitarbeiter-Augen! Wir erklärten kurz unser Anliegen und schwupps waren sie dabei, den Wagenheber dort anzusetzen, wo mehr kaputt gehen konnte als dass sich 8 Tonnen Frosch nach oben bewegen würden. Stattdessen ging unser Puls weit nach oben. Schnell den Indern den richtigen Ansetzpunkt gezeigt und dann konnten wir sie mal wieder einfach nur noch machen lassen. Drei Inder krabbelten unterm Frosch herum und zogen die Bremsen nach. Danach meinten sie, dass das Problem behoben wäre und der Frosch beim Bremsen nicht mehr nach links ziehen würde. Das Problem war natürlich nicht behoben, aber wir beließen es dabei. Auch die Standgas-Reparatur wollten wir lieber selber nochmal in Angriff nehmen (was wir am nächsten Morgen auch mit Erfolg schafften), obwohl so ein kleiner, dünner indischer Arm bestimmt sehr gelenkig wäre. Doch wir wollten keine risikoreichen Experimente machen. Zum Ende zeigten wir noch Ole und den Frosch, es wurden zahlreiche Erinnerungsfotos geschossen. Zum Dank überreichten wir einen unserer Frosch-Pins. Und dann fuhren wir wieder vom Hof und schlüpften in der Sekunde wieder raus aus dem indischen Werkstatt-Film zurück in die gefühlte Realität.
Es war bereits Nachmittag und wir hielten die Augen nach einem Stellplatz auf. Keine Chance. Es war nirgendwo die Möglichkeit zu stehen, ohne, dass gleich 100 Inder unseren Frosch in Beschlag nehmen würden. Kurz vor Sonnenuntergang entdeckten wir ein Feld. Doch als wir gerade ausgestiegen waren und mit Ole Gassie gehen wollten, schlüpften aus irgendwelchen Erdlöchern die Inder. Uns überkam bei einem Inder ein komisches Gefühl und wir fuhren zurück auf die Straße. Ein anderer Stellplatz musste her, denn die Sonne war nun dabei unterzugehen. Wir hatten keine andere Wahl mehr und bissen in den sauren Apfel: mal wieder eine laute Nacht an der Tankstelle. Doch nach einer Minute an der Tankstelle wurde uns gesagt, dass wir hier nicht stehen dürften. Auch auf dem großen Parkplatz neben der Tankstelle wollte man uns nicht übernachten lassen. Wir fuhren weiter. Noch war es ansatzweise hell. Rechts hoch war ein großes freies Gelände. Wir fragten beim Haus nach, was sich als Polizeistation herausstellte, ob wir hier für eine Nacht stehen dürften. Langsam kamen wir in Zeitdruck einen Stellplatz bis Sonnenuntergang zu finden. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht lautete die Antwort: Nein, das wäre hier Polizei und kein Parkplatz, wir sollten doch bitte nach Hospet (der nächsten Stadt) weiterfahren und dort irgendwo parken. Vielen Dank. Wir fuhren weiter. In Hospet fanden wir einen Parkplatz am Park, wo Ole endlich Gassi gehen konnte. Als wir zurück waren, stellten wir fest, dass hinter der Mauer auch wieder eine Polizeistation war. Und, welch Überraschung, auch hier wollten sie uns nicht! Obwohl wir an der Straße standen und nicht auf dem Polizeigelände, wurden sie recht schnell sehr forsch und wollten uns loswerden. Und nun mussten wir eine unserer Goldenen Regeln brechen: in Indien im Dunkeln Froschfahren!
Wir mussten mitten durch die übervolle Stadt durch, vorbei an Fußgängern, Rikshas, Mopeds, Eselskarren, Autos, Bussen und LKWs. Dreiviertel davon war ohne Licht unterwegs.. Wenn zur Abwechslung tatsächlich eines der Fahrzeuge Licht hatte, dann war es ein schönes, erblindendes Fernlicht. Warum hatten wir eigentlich keinen Pauschal-Urlaub gebucht? Das wäre billiger und weniger nervenaufreibend gewesen....Ich hupte im Sekundentakt und wir fuhren ganz langsam und laut aus der Stadt raus und über die Landstraße – 10km bis an der Straße ein Freizeitpark auftauchte und wir dort erstmal auf den Parkplatz fuhren. Hier mussten wir erstmal tief durchatmen und beten, dass wir hier nicht verscheucht werden!
Wir fragten nach und tatsächlich durften wir hier bleiben! Wir ließen Ole im Frosch mit seinem Abendbrot zurück und einer der Angestellten brachte uns in ein piekfeines Nobel-Restaurant. Wir bestellten erstmal einen Kaffee. 11,5 Stunden Fahrt lagen hinter uns und wir waren froh über den Kaffee und die netten Angestellten vom Freizeitpark. Ob man uns unseren Stress ansah? Wir schauten erst uns an und dann die anderen Restaurantbesucher und mussten lachen. Neben und hinter uns dinierte eine indische Familie in ihren edelsten Saris. Vor uns Touristen, die ebenfalls im edelsten Zwirn zu Abend aßen. Und wir? Wir waren verschwitzt, hatten noch unsere Arbeitsklamotten an, waren voller Schmiere mit tiefschwarzen Rändern unter den Fingernägeln. Und das in Indien, wo man manchmal darauf aufmerksam gemacht wird, dass der General Store auch einen Laundry-Service hat oder man mit dreckigem T-Shirt nicht unbedingt ein Hotelzimmer bekommt. Oh Gott, wie peinlich! Wir fragten trotzdem beim Hotel-Manager nach, ob wir hinterm Freizeitpark auf dem großen Parkplatz stehen dürften. Wir hätten gedurft, wenn wir für 3000 Rupees ein Zimmer genommen hätten. Also blieben wir an der Hauptstraße. Die Konsequenz hieß: Türen geschlossen halten und statt schlafen bei 35 Grad im Frosch schwitzen.....It´s so easy mit All-Tours....
GEWINNSPIEL
Zu jedem neuen Blogeintrag verlosen wir je eine Postkarte. Um diese Postkarte zu gewinnen, müsst ihr folgendes schätzen: wie oft drücke ich während einer 6-stündigen Fahrt auf meinen Hup-Knopf? Wir haben es tatsächlich gezählt! Derjenige, der am nähsten dran liegt, gewinnt die Karte!
ANTWORT: Wir hupen 858 Mal in 6 Stunden!! Der Gewinner ist Hase!
Der Gewinner aus unserem letzten Blog ist Toby! Herzlichen Glückwunsch! Bitte schick uns deine Adresse per Email!
Kommentar schreiben
Hooolger (Samstag, 03 April 2010 00:52)
200x
nicola (Samstag, 03 April 2010 12:15)
250
Dr. Love (Samstag, 03 April 2010 16:45)
360 x
anke und konrad (Samstag, 03 April 2010 19:28)
65 mal
Steffi (Sonntag, 04 April 2010 13:06)
400 Mal
Silke (Sonntag, 04 April 2010 17:39)
300 Mal
Der Lange (Montag, 05 April 2010 13:10)
288 Mal
Erzengel Gabriel (Dienstag, 06 April 2010 11:21)
1222 Mal. Sollte ich gewinnen: Hut ab, daß Ihr Euch nicht verzählt habt *lach*
Ab jetzt weiß ich wohl, daß man Frösche nicht nur auf Winterfestigkeit hin prüfen muß, sondern auch auf Schlafen in Sommerhitze ;) Ob solar-betriebene Dachventilatoren beim Schlaf-Schwitzen helfen würden ?
Blessed be,
der Erzengel
Hase (Dienstag, 06 April 2010 11:44)
1000 mal
toby (Dienstag, 06 April 2010 13:09)
ich spiel nicht mit, möchte mich aber wiederholt dankbar über eure schilderungen äußern. tolle sache! gute fahrt.
die Hummel (Mittwoch, 07 April 2010 13:56)
171 mal
Froschteam (Donnerstag, 08 April 2010 05:15)
@Toby: nicht mitspielen gibt es nicht ;-)
@Erzengel Gabriel: wenn die Ventis über eine Batterie laufen, könnte es klappen ;-) Ansonsten hilft ein Tropendach vorne und hinten und vielleicht weiße Farbe. Allerdings heizt der heiße Wind eh alles auf ... Über eine Klima würde Ole sich sicher freuen, allerdings ist das sehr schwer zu realisieren, laut, stromfressend, etc. ...