
Mit gemischten Gefühlen traten wir die Reise Richtung Grenze Indien an. Vor einem halben Jahr waren wir froh dieses Land mit seinen chaotischen und oft nicht nachvollziehbaren Facetten zu verlassen und jetzt waren wir wieder auf direktem Weg dorthin – Ziel: Goa. Goa war ja nicht gleich Indien. Indien war spannend, nervig, bunt, unverständlich, in allem immer grundsätzlich umständlich und dann auch immer wieder für eine positive Überraschung gut. Man liebt es oder man hasst es – so heißt es. Goa hingegen ist das klassische Paradies, um dem kalten Winter aus dem Weg zu gehen. Hier stürzen die Glücksgefühle auf einen ein, wenn man mit seinem Roller oder der Enfield am Strand lang fährt, diesen bestimmten Goa-Geruch in der Nase hat, die Shops links und rechts sieht und einen traumhaften Sonnenuntergang vor sich hat. Das ist Goa. Liebe. Und der Rest von Indien? Wir hatten eine gewisse Hassliebe für dieses Land entwickelt – und wir waren gespannt auf den zweiten Eindruck, den uns Indien nun bescheren sollte.
Die Grenzabwicklung in Nepal war ganz so, wie viele sie erlebt haben: easy going. Vom Carnet de Passage hatten die Grenzer keine Ahnung. Es wurde weder geprüft, wie lange wir im Land waren, noch der Frosch, geschweige denn die Motornummer etc. begutachtet. Wir erklärten, dass wir auf dem einen Abschnitt einen Ausreisestempel plus Unterschrift benötigten und ein weiterer Abschnitt für ihre Unterlagen bestimmt war. Fertig. Unsere persönliche Ausreise hingegen war mit etwas Gezeter verbunden. Unser Visa lief bis zum 30. September, wir waren nun aber erst am 1. Oktober an der Grenze. Dass es noch nicht mal 9 Uhr morgens war, interessierte den Beamten nicht die Bohne. Er wollte Cash für die Überziehung unseres Visas. Aber nicht mit uns. Beim Immigration Office in Kathmandu hatten wir extra gefragt, ob wir am 30. September ausreisen müssten oder ob es auch am 1.Oktober gehen würde. Letzteres wäre vollkommen ok. Nach einigem Hin und Her, drohte Till seinen nepalesischen Anwalt anzurufen und war bereits aus der Tür, um sein Handy zu holen. Ich hingegen, das kleine schwangere, schweigende Weib, blieb sitzen, und schaute den Grenzer einfach nur mit großen Augen an. Dann schob er mir die Pässe rüber: „get out!“ - ich sprang auf und folgte seinen Anweisungen natürlich umgehend.
Es folgte die Einreise nach Indien. Wie kompliziert sollte dies nun werden? Würden sie nach dem alten Carnet fragen? Würden sie in unser neues Carnet einen Übertrag machen, damit bei der Ausreise aus Indien in sechs Monaten jeder Grenzer Bescheid wisse, dass wir bereits ein Jahr zuvor mit dem Frosch in Indien waren und dann irgendwer auf die Idee käme, irgendetwas mit den 180 Tagen nachzurechnen? Tausend Gedanken hatten wir uns gemacht. Doch unser Plan ging auf! Keine Fragen, keine Überträge, keine Frosch-Beschau, kein Interesse, dass wir zwei Hunde dabei haben. Rein gar nichts, nur ein hübscher Einreisestempel! Und schwupps waren wir in Indien! Welch guter Start!
Mal abgesehen von den ersten 100km nach der Grenze, bei denen ich dachte, mir platzt gleich die Fruchtblase, so schlecht sind diese Straßen, ging es ziemlich gut weiter. Gute Highways, kein Verkehrs-Terror, wie wir ihn vor einem halben Jahr hatten, keine Froschpanne, keine nervigen Inder, keine Zwischenfälle und 5.000 Rupees gesparte Moutgebühr, weil uns die Mout-Jungs grundsätzlich durchgewunken haben. Es lief wie am Schnürchen. Auch dank unserer neuen Begleiterin „Lakshmi“ – unser indisches Navigations-Gerät à la TomTom. Man würde ja vermuten „Map my India“ – so der offizielle Name von Lakshmi – wäre so richtig typisch indisch. Aber nein, bis auf dass sie keine Einbahnstraßen kennt, und einen sehr gerne entgegengesetzt dieser Straße führen möchte, kennt sie jeden noch so kleinen Weg! Und der abenteuerlustige Overlander? Probiert auf den letzten 150km einfach mal aus, was die gute Dame tatsächlich kann und wünscht sich von ihr den kürzesten Weg nach Goa. Dass dieser Querfeldein-Weg nicht unbedingt der schnellste ist und man für 7km durch Dickicht, Wald und engste Feldwege auch gerne über eine Stunde benötigt, stört den Overlander nicht. Frei nach dem Motto: „wird die Straße weitergehen oder müssen wir gleich im Rückwärtsgang 5km durch den Dickicht zurücksetzen“ wird nochmal der Adrenalinspiegel nach oben geschraubt! Und dann sind wir da. Nach sechs Tagen Fahrt von der Grenze Nepals erreichen wir Goa – unser Ziel für die nächsten 4 Monate!
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