
Marla träumte in der Nacht von kaputten Scheiben und Luis fragte mich, was unser „Beware of the dog“ Schild bedeuten würde. Manchmal sollte man aufmerksamer sein, wenn einem das Schicksal einen Wink mit dem Zaunpfahl gibt! Doch wir waren es nicht und ließen den Frosch, Wilby und die Hundebande zurück um uns Persepolis, ein Haufen alter Steine, anzuschauen. Nachdem wir die alten Steinruinen, die früher einmal Paläste gewesen sein sollten, besichtigt hatten, wurde Theo müde und quengelig. Zeit für sein Mittagsschläfchen in seiner Hängematte. Ich ging mit ihm zurück zum Frosch, während die anderen noch schnell ein Eis essen wollten. Schon von Weitem sah ich, dass die Fahrertür vom Frosch offen stand und je näher ich kam, desto besser konnte ich erkennen, dass die Scheibe eingeschlagen war.
Mein Herz klopfte bis zum Hals, als ich am Frosch ankam und einen Blick durch die Fahrertür warf. Radio noch da, am GPS wurde gefummelt, aber es war ebenfalls noch da. Aber wie geht es den Hunden? Ich rief sie, rannte um den Frosch, schloss die Seitentür auf und öffnete sie. Ole kam mir sofort entgegen gesprungen, aber Ford nicht. Er war nicht mehr da. Ich rief ihn, dachte, er wäre aus der offenen Tür gesprungen und lungerte nun draußen herum. Doch er kam nicht. Ich rief und rief und rief. Kein Ford. Der kleine Schäfersjunge nebenan hatte Ford auch nicht gesehen. Hatte man tatsächlich unseren Ford geklaut???
Kurze Zeit später waren Till und die Weils zurück. Wir verständigten die Polizei. Nochmal stellten wir fest, dass die Diebe nicht hinten drin gewesen waren und sämtliche Wertsachen noch da waren. Mein Handy, Tills MP3 Player und eine Börse mit 50 Euro lagen vorne und waren nun Diebesgut. Doch selbst das Handschuhfach war nicht geöffnet worden und Radio und GPS waren noch da. Ging es hier tatsächlich nur um Ford?
Marion erzählte, dass Iraner sie auf ihrer ersten Fahrt duch den Iran gewarnt hätten, sie sollten Ellie generell nicht frei herumlaufen lassen, man würde Hunde stehlen und dann auf dem Schwarzmarkt teuer verkaufen. Auch wurde ihnen permanent bis zu 2.000 Dollar für ihren Hund geboten. Uns fiel ein, dass gestern viele Leute bei uns an den Fahrzeugen standen, und viele Fragen über die Hunde gestellt hatten. Aber ahnt man gleich, dass daraufhin der Frosch aufgebrochen wird? Egal wo wir bisher waren, die Hunde hatten immer die ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen – so war es für uns inzwischen Normalität, nach ihnen ausgefragt zu werden und gerade im Iran fanden wir es recht amüsant, dass alle dachten, Ole wäre ein deutscher Schäferhund. Denn dies ist der einzige Hund, den der unerfahrene Iraner kennt. Und zwar aus dem Fernsehen aus der in Deutschland eingekauften Serie „Rex – der Hundekommissar“!
Dass der Hund im Iran als unrein gilt, wussten wir. Es gibt sogar Gesetze, die es verbieten, dass ein Hund im Auto mitfährt! So wurden wir zwischendurch tatsächlich angehalten und sollten Strafe dafür zahlen, dass Ole bei uns mitfährt. Hunde sind nur als Wachhunde erlaubt und so mussten wir lange erklären, dass vorne zwar das Auto ist, aber hinten ja unser Haus drauf sitzt und Ole unser Haus bewacht, bevor wir ohne Strafe weiterfahren durften – oder steif und fest behaupten, Rüdiger-Ole wäre eine Katze…
Kein Wunder also, dass die Polizei nicht wirklich an Fords Schicksal interessiert war. Warum ich weinen würde, ob der Hund sehr teuer war und ob ich die Nummern der gestohlenen Geldscheine hätte. Dass uns das Geld nicht interessierte, sondern nur der Verbleib von Ford, stieß auf großes Stirnrunzeln und ziemliche Ignoranz. Die einzigen Zeugen, ein paar Kinder und der Schäfersjunge, die tatsächlich fünf Leute auf zwei Motorrädern gesehen hatten, wurden von den Polizisten mit Steinen beworfen, damit sie abhauen. Unfassbar!
Mit ausgedruckten Fotos gingen Till und Patrick auf die Suche nach Ford. Patrick klapperte mit seinem Motorrad die gesamte Umgebung ab, Till ging zu Fuß zurück zum großen Parkplatz vor dem Eingang zu der Persepolis-Ruine und befragte die Leute dort. Unverständnis war das einzige, auf das man traf. Es wäre unhöflich, die Leute nach Ford zu befragen und so wurde es uns untersagt, weiter nach ihm zu suchen. Außerdem sollten wir diesen Platz nun umgehen verlassen. Viel zu gefährlich. Wir weigerten uns. Wenn Ford nicht geklaut, sondern einfach abgehauen war, würde er ja vielleicht zurückkommen, spätestens zur Fütterzeit oder wenn es Nacht wird, um in sein warmes Körbchen zu krabbeln.
Ewige Diskussion bis wir die Cops endlich soweit hatten, dass sie zwei Polizisten abgestellen würden, die uns die ganze Nacht bewachen könnten. Und statt im eigenen Auto zu sitzen, wollten sie unbedingt wo sitzen? Genau, bei Marion und Patrick im Fahrerhaus....
So verbrachten wir also die Nacht in der Hoffnung, Ford würde einfach wieder vor der Tür stehen. Doch er tauchte nicht auf. Nicht zum Essen, nicht zum Schlafen. Zum Sonnenaufgang machten wir uns wieder auf die Suche. Aber er war nirgendwo zu finden. Nun mussten wir ohne ihn fahren, die Geduld der Polizisten, uns hier stehen zu lassen, war bereits überstrapaziert und wir brauchten neue Fensterscheiben. Diese bekamen wir glücklicherweise problemlos. Marion, Patrick, Marla und Luis fuhren danach nochmal zu unserem Parkplatz und suchten ein letztes Mal die ganze Gegend ab. Kein Ford weit und breit. Und so fuhren wir letztendlich weiter.
Einen Tag später rief Till bei der Polizei an, ob es was Neues geben würde. Und den Tag darauf hatten sie unseren Ford natürlich aufgegeben. Sie legten einfach auf. Doch dann kam plötzlich Hilfe von anderer Seite! Till hatte eine iranische Tierorganisation im Internet gefunden und diese engagierte sich sehr bei der Suche nach Fordi. Sie veröffentlichten die Geschichte und Fotos bei Facebook, wo zahlreiche Iraner per Kommentarfunktion ihr Mitgefühl aussprachen. Auch druckten sie auf ihre Kosten Poster mit Fords Suchanzeige, die sie in Shiraz, Persepolis und Tehran verteilten. Ein in Canada lebender Iraner hatte die Geschichte auf Facebook gelesenund rief einen Tag später auf unserem Handy an. Er würde ihn Shiraz Tierärzte kennen und wir sollten ihm per Email Fotos und Mikroshipnummer von Ford schicken. Diese leitete er dann an die Tierärzte weiter, vielleicht würde Ford ja früher oder später dort auftauchen. Es meldeten sich einige auf das Poster, doch leider stellte sich bisher nur heraus, dass es sich lediglich um ähnlich aussehende Straßenhunde handelte.
Leider hat diese Geschichte kein Happy End und es gibt kein „Wunder von Persepolis“. Wir sind nun tatsächlich nur noch zu viert unterwegs. Ole, der ein paar Tage sehr komisch drauf war, hat sich glücklicherweise wieder erholt. Es ist müßig, sich darüber Gedanken zu machen, was wohl genau passiert ist.
Bei Facebook gibt es uns gegenüber nun Vorwürfe von anderen Overlandern, wir würden die Iraner dazu anstiften, Hunde aus deutschen Autos zu klauen, weil wir für Ford eine Belohnung ausgesetzt haben. Wenn dies so sein sollte, wünschen wir dem Iraner, der sich nun auf die Lauer nach deutschen LKWs mit Hunden im Auto legt, viel Ausdauer – kommt ja schließlich nicht täglich einer vorbei…Und für Ford hoffen wir, dass er für viel viel Geld verkauft wird. Schließlich sind teure Hunde im Iran ja sehr wertvoll und dann geht der neue Besitzer hoffentlich gut mit ihm um….
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haveli (Donnerstag, 21 April 2011 23:03)
tut mir sehr leid diese geschichte zu lesen - besonders für ford - schlimmes land für hunde - http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,757085,00.html.
die typen - police - auf den motorrädern sehen genau so aus wie die schlägertrupps des regimes gegen demonstranten........
entspannt euch schön in der türkei !
euer baby ist echt schnuckelig !
marco (Freitag, 22 April 2011 07:41)
"Bei Facebook gibt es uns gegenüber nun Vorwürfe von anderen Overlandern, wir würden die Iraner dazu anstiften, Hunde aus deutschen Autos zu klauen, weil wir für Ford eine Belohnung ausgesetzt haben."
Liebe Amelie, das mit den Vorwürfen ist doch ein wenig übertrieben, Thomas und ich haben nur zu bedenken gegeben das wenn die Gauner welche euren Bus aufgebrochen haben, zu hören bekommen das Europäer 1'000$ bezahlen für einen Hund dann könnten sie ja auf den geschmack kommen......... Ich glaube auch nicht das die behlohnung irgend jemanden dazu bringt euch den Hund zurückzubringen, derjenige wäre doch lebensmüde weil das ja ein eingeständnis seiner Schuld ist und die Polizei wenn sie davon erfahren würde nicht sehr "nett" mit ihm umspringen würde. Auch wenn er noch so lange beteuren würde das er mit der ganzen sache nichts zu tun hat. Natürlich tut es mir leid für euren Ford, ich habe ja auch einen Hund und kann gut verstehen wie ihr euch fühlt.
Wünsche euch noch eine schöne Heimfahrt, lg aus Goa, Marco
toby (Freitag, 22 April 2011 20:11)
schlimme geschichte. aber, wie im text oben schon bemerkt: das leben geht weiter. kopf hoch und vollgas!
Der Lange (Samstag, 23 April 2011 00:55)
Beten wir für Ford, dass er in gute Hände kommt.
Nick (Montag, 25 April 2011 23:25)
Das ist ja unglaublich... Aber gute Weiterfahrt trotzdem! Hihi der Kleine sieht süß aus!
charlotte (Mittwoch, 27 April 2011 10:33)
das ist ja eine traurige geschichte mit fordi.
aber grämt euch nicht, denn er ist ja ein waschechter nepalesischer strassenköter und wenn seine neuen leute nicht nett zu ihm sind, klaut er ihnen einfach ihre letzte eselswurst und schlägt sich durch nach teheran, wo er sich einer bande iranischer strassenköter anschliesst, natürlich zu ihrem anführer wird und ein leben in saus und braus führt mit der schicksten puppe der stadt und einem haufen allerliebster bambini.
als einziger überlebender des automarkensterbens leuchtet über ihm eine ganz besondere sonne, die auf ihn aufpasst!!!
euch trotz allem weiter eine schöne zeit und vielleicht bis bald aufm nimmerland...
carlos, Hund Vega und uta (Freitag, 29 April 2011 14:56)
na so ein Scheiss! heul... der kleine "Steinschläfer" und "Schuhfetischist"... ja er wird sich durchsetzen, egal wo er jetzt ist!
Janina (Montag, 02 Mai 2011 13:46)
Kann mich meinen vorherigen Schreibern nur anschließen...
Ich verfolge nun schon seit mehreren Wochen/Monaten eure Reise. Und war mehr als einmal "neidisch" auf eure Erlebnisse und "meinen Traum" den ihr schon lebt.
Umso entsetzlicher finde ich was mit eurem Ford passiert ist. Ich fühle förmlich (unbekannterweise) mit euch mit.
Ich hoffe, dass Charlotte Recht hat. Habe selbst 2 Straßenhunde und weiß wie selbständig und zäh sie sind. Wünsche Ford und natürlich euch 4 weiterhin nur das Beste!
Peter (Mittwoch, 27 Juli 2011 19:14)
Echt grausaum. Unglaublich was passiert ist, aber irgendwie muss es ja weitergehen.