
Eine kurze Tagesetappe war geplant. Die Motorradfahrer sollten über den Bosporus fahren, dahinter wollten sie die Fähre über das Marmarameer nach Yalova nehmen. Wir wollten direkt aus Istanbul mit der Fähre starten, Ziel Bandirma. So hätten wir nur noch 100km bis zum nächsten Etappenpunkt gehabt, es sollte ja ab jetzt ein bisschen entspannter laufen. Hätte…Sollte….Könnte…Müsste…
Treffpunkt an der Fähre: 6.00am! Wir standen um 5 Uhr auf, nutzten noch die Möglichkeit der öffentlichen Dusche unseres Stellplatzes am Sportplatz unten an der Kennedy Cadessi und waren heilfroh, dass die Fußballer in der Nacht alle ihre Autos von der Einfahrt gefahren hatten. Mit unserem Käpt´n hatten wir nämlich schon wegen parkender Autos ziemliche Probleme, die enge Einfahrt zu nehmen. Nun waren sie alle weg und wir konnten entspannt vom Hof und zum Fährhafen fahren, der nur 500m weiter lag. Kurze Panik bei unserem Mitfahrer Jürgen. Er rief über Handy an, Eva (unsere andere Mitfahrerin) war nicht um 5.30h unten am Hotel, wo sie sich treffen wollten. Ich klingelte daraufhin ihren Ehemann und Biker Wolfgang aus dem Bett, der mir sagte, dass Eva längst los war. Kurzer Rückruf bei Jürgen, der sich dann direkt auf den Weg zum Treffpunkt am Hafen machte.
Kaum hielten wir in der Autoschlange, stand auch schon eine aufgeregte Eva am Bus. Jürgen war nicht pünktlich zum Treffpunkt gekommen, er aber hatte den Zettel mit den Fährdaten, die ich am Tag zuvor aufgeschrieben hatte. Also war Eva lieber schon einmal los, nachdem Jürgen auch nach 5min Verspätung nicht am Treffpunkt war. Als Jürgen ankam, stellten wir fest: ein Uhrenvergleich könnte sinnvoll sein. Denn wenn die eine Uhr ein paar Minuten vor geht und die andere ein paar Minuten nach, dann kann man sich auch nicht zur verabredeten Zeit treffen! Kaum war das geklärt, ging es auch schon los. Die Autos durften einfahren.
Die enge Gasse am Kontrollschalter schafften wir mit ein bisschen rangieren. Die Rampe zur Fährauffahrt allerdings nicht: für unseren Bus zu steil. Vorne schrappte schon die Stoßstange auf der Rampe, da waren die Reifen noch nicht mal ansatzweise drauf. Und auch rückwärts ging es nicht – der Motorradträger machte uns einen Strich durch die Rechnung. Die Idee, den Bus schräg und zusätzlich über einen Keil auf die Rampe fahren zu lassen, war zwar ganz schlau, aber dann doch zu türkisch: nur ein Keil statt zwei hebt den Bus auch nur auf einer Seite, die andere Seite hängt weiterhin. Das hatten die Jungs von der Fähre irgendwie nicht bedacht. Somit haben wir nun hinten links kaputte Bremslichter (Danke ihr Fähr-Einweiser-Experten…). Wir brachen ab. Das machte einfach keinen Sinn. Wenn wir hier über Tricks auf die Fähre kommen, kommen wir dann am Zielhafen auch nur über Tricks wieder runter? Oder vielleicht auch gar nicht, ohne irgendwas unterm Bus kaputt zu fahren? Ja, da denkt man doch dann kurz an den Frosch und seine Bodenfreiheit…
Ein neuer Plan musste her und der hieß, ebenfalls nach Yalova mit der Fähre überzusetzen. Das bedeutete zwar, nach der Fährfahrt noch eine längere Etappe zu fahren als geplant, aber immerhin immer noch kürzer, als über den Bosporus und ganz außen rum zu fahren. Das Schiff nach Yalova hatte eine Reisebus-freundliche-Laderampe, ohne große Steigung und wir konnten 1,5 Stunden später endlich an Board fahren. Eine weitere Stunde später hieß es dann aber auch wieder zittern. Die freundliche Laderampe war im anderen Hafen auch nicht mehr ganz so freundlich, doch wir schafften es runter, ohne zu tricksen und ohne anzuecken. Steiler hätte die Rampe aber an der letzten Stelle auch nicht sein dürfen.
Wir trafen vor den Bikern in der verabredeten Zielstadt ein. Das bedeutete, wir kümmerten uns um eine Unterkunft für alle. Wir fanden ein schönes Hotel mit passablen Preisen, einer Möglichkeit den Bus zu parken und einem herrlichen Pool! Während wir noch auf die Biker warteten, planschten wir schon im Wasser herum und das erste Effes Bier stand auf dem Tisch. Irgendwann fragten wir uns dann aber doch: Wo blieben sie nur, unsere Jungs?
Wir hörten zum Sonnenuntergang dann endlich das Knattern der Motorräder! Till schlüpfte in unseren weißen Bademantel und empfing so die Jungs, die sich sichtlich auf ein Bier freuten! Eine abgesprungene Kette hatte ihre pünktliche Ankunft verhindert. Trotzdem sprang noch der eine und andere ins kühle Nass und bei einem gemeinsamen Abendessen am Pool ließen wir den Tag mit einer kurzen Planung zur Streckenänderung (wir fahren nicht an der syrischen Grenze entlang zum Van-See, sondern fahren aufgrund der politischen Lage und dem wahrscheinlich hohen Militäraufgebot auf dieser Strecke oben über Sivas und Erzerum nach Dogoubayazit) entspannt ausklingen.
Unser Plan, alles entspannter anzugehen, kleinere Etappen zu fahren, war am nächsten Tag ehrlich gesagt mal wieder ziemlich für die Katz. Es waren zwar nur 180km bis Pamukkale, unserem nächsten Ziel, aber trotz läppischer 180km war es der bisher längste und nervenaufreibenste Tag der Tour. (Hoffentlich bleibt es auch dabei!)
Alles lief wie am Schnürchen. Wir waren pünktlich losgekommen und wollten zum Mittag in Pamukkale sein. Die Straßen waren zwar eher schlecht und wir hatten Kilometerlang nur Schotterpiste. Aber es ging voran. Wenige 35 km trennten uns noch von unserem Ziel, da knallte es plötzlich laut, als ob ein Gepäckfach nach unten weggebrochen wäre und der Käpt´n ruckelte wie ein Flugzeug, dass gerade zur Landung aufgesetzt war. Till bekam den Bus zum Stehen und da standen wir dann. Vorne links war der Reifen geplatzt.
Ich griff als erstes zum Handy und rief Tourguide Werner an. Manpower konnten wir auf jeden Fall jetzt gebrauchen und so drehten die Biker um und halfen uns, den Reifen zu wechseln. Die Stimmung war ok, der Ersatzreifen recht schnell drauf und die Fahrt sollte weitergehen. Keine 10km weiter der gleiche Knall und das gleiche laute Ruckeln. NEIN! Nicht schon wieder! Diesmal war es der rechte Vorderreifen und wir standen ziemlich schlecht auf einem Straßenzubringer in der Kurve - Ohne weiteres Ersatzrad für den Käpt´n!
Die Stimmung kippte, alle waren gereizt und die Frage, warum dieser Reifen jetzt geplatzt ist, konnten wir nun wirklich nicht beantworten. Eva und ich spielten weiter Kinder-Entertainer während Jürgen und Till versuchten, ein Taxi anzuhalten. Der erste Schritt war: Eva und Jürgen ins 23km entfernte Pamukkale zu bekommen – samt Gepäck für die Biker. Schritt zwei: einen Reifendienst finden, der uns aus dieser Lage befreit. Es hielt ein netter Mann, der leider kein Englisch sprach. Doch er verstand schnell was wir ihm mit Händen und Füßen erklärten, bestellte ein „Taksi“ und Eva, Jürgen und das Gepäck war kurze Zeit später am Ziel. Er rief auch die Polizei, die dann den Verkehr regelte – und ich musste mir keine Sorgen mehr machen, dass uns einer hinten drauf fahren würde oder es neben uns zum Unfall kommen würde, während wir in der Kurve überholt wurden. Till war bereits unterwegs mit einem LKW Fahrer und kam zurück samt Reifen-Meister und neuem Reserverad. Leider war die Felge zu breit und der Bus fuhr damit nicht. Also sind beide nochmal mit unserer Felgelos in die Werkstatt und zogen einen anderen Reifen auf. Währenddessen versuchte ich Theo, Ole und Hugo bei Laune zu halten. Gefühlte 40-50 Grad im Bus – wir standen natürlich in der knallen Sonne, Theo ohne Mittagsschlaf und Ole war heiß. Kein Vergnügen. Ich war froh, als der Bus dann mit seinem zweiten Reserverad endlich zur Werkstatt fahren konnte und dort dann in Nullkommanix neue Reifen auf unsere Felgen gezogen wurde. Es schien endlich Licht am Ende des Tunnels, doch dann kam erstmal der Taschenrechner. 2300 Türkische Lira sollte der Spaß kosten. Das sind hübsche 1000 Euro! Bingo. Unsere Laune sackte noch weiter in den Keller. Aber wie sagt der Zocker? Zahlen und fröhlich sein…. Und eine andere Wahl hatten wir ja nun mal auch nicht. So schenken wir uns wohl mal wieder Reifen zu Weihnachten, wie vor drei Jahren in Indien….
Als wir endlich in Pamukkale ankamen und durch das Tor in den Hotelgarten fahren konnten, hatten die Biker für uns schon kühles Bier geordert! Eigentlich wollte sich Harald E. nach seinem Pool-Bad auch in einen Bademantel schwingen, wie Till es den Abend zuvor getan hatte, aber das wollte er uns zur Begrüßung nach diesem Tag dann doch nicht antun….Danke Goawolff! ;-)
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marco (Sonntag, 14 Oktober 2012 10:07)
so eim pech uch 2 reifen am selben tag, hoffe es geht euch gut, wir sind in griechenland und fahren heute in die tuerkei, lg marco
Der Lange (Mittwoch, 17 Oktober 2012 15:17)
Verdammt, das hört sich wirklich nach ARBEIT an. Aber ihr wisst ja, immer positiv denken. DIE Reifen halten wohl erstmal...
Stefan (Donnerstag, 01 November 2012 17:30)
So ein Pech mit den 2 Reifen.
Ich hätte die Hinterachse eines Zwillings beraubt um in die Werkstatt zu kommen....
goawolff (Mittwoch, 28 November 2012 11:49)
@stefan
Deine Idee für den Zwillingsreifen ist schon toll... Das wird sich Till sicher merken... auch wenn er dann wegen der neuen (größeren) Vorderräder denken wird, dass er am Hang fährt wenn ein kleinerer (originalgroßling) von hinten nach vorne kommt ;)
arne (Donnerstag, 14 Februar 2013 15:06)
die idee einen der zwillinge von hinten zu nehmen ist nicht ratsam.
wenn dann hinten nur noch ein reifen auf der einen seite arbeitet wird der zu stark belastet.die chance das er eine längere strecke überlebt ist gleich null