
Auch wenn es meistens anders kommt, ich werde meine romantische Vorstellung von manchen Dingen nicht aufgeben. Gestern zum Beispiel: Tills Geburtstag. In meiner Fantasie habe ich um 7 Uhr den Wecker gestellt, den Bus mit Luftschlangen und Co. dekoriert, um Till dann mit einem Geburtstagsständchen zu wecken. Ich hatte eigens „Happy Birthday“ auf unserer neu erworbenen Mundharmonika und Ukulele einstudiert.
Ukulele war nicht so schwer, dass ich aber dieses Liedchen mir selbst auf der Mundharmonika beigebracht habe und nach einem Nachmittag üben beherrschte, fand ich selbst recht erstaunlich. Umso mehr dachte ich, ich würde Till damit wahnsinnig beeindrucken, dass er Freudentränen weinen würde, weil er so toll findet, dass ich jetzt auch noch Mundharmonika spielen kann. So die Idee. Nach meinem Ständchen plante ich gemütliches Aufwachen nur zu zweit, in meiner Fantasie waren die Kinder nach wie vor im absoluten Tiefschlaf und nicht wach zu kriegen. Morgens mal Zeit zu zweit – ach wie wunderbar. Danach hätte ich mich um Kaffee und Frühstück gekümmert, die Croissants hätten nur noch in den Ofen geschoben werden müssen und wir hätten die Kinder geweckt. Ich hätte den mit den Kindern nicht einstudierten Geburtstagskanon mit der Ukulele begleitet, wir hätten die brennenden Kerzen auf Tills Kuchen ausgepustet und Geschenke ausgepackt. Lecker gefrühstückt, auf den Spielplatz gegangen, ein Mittagsschläfchen und dann einkaufen für den Abend, den wir bei unseren Freunden Sonny und Arne verbringen wollen. So meine Vorstellung.
Die Realität hatte den Tag in leichter Abwandlung für uns geplant und der begann morgens um 4.30h mit einem quietsch fidelen Theo, der zu mir ins Bett gekrabbelt kam um dann permanent hinter die Gardinen zu gucken und erstaunt zu rufen: „Mama – noch dunkel draußen!“ Nicht einmal, nicht zweimal, nicht dreimal. Vier oder fünf Mal oder auch noch öfter, ich weiß es nicht mehr genau. Ich versuchte ihn mit „Mama muss schlafen, es ist noch mitten in der Nacht und Mama ist gaaaanz müde“ zu überreden, sich auch wieder hinzulegen. „Mama, Theo auch müde.“ Er legte sich zu mir. „Mama, bitte kann ich warme Milch?“ Ich hatte mich nicht verhört. Es kam statt „Maaamaaa warme Miiiilch!!“ tatsächlich „bitte“ und „kann ich?“. Ich erfüllte bei so viel Höflichkeit meinem Sohn prompt seinen Wunsch. Er war nach der Milch zwar immer noch müde, aber Schlafen? Keine Chance. Also tüddelte er herum bis es hell wurde und ich döste vor mich hin. Dann folgte ich meinem Plan. Der Bus musste dekoriert werden. Hugo war inzwischen auch putzmunter und beide stritten sich herrlich um meine Luftschlangen. Ich baute den Geburtstagstisch auf und sie den Kerzenkrank wieder auseinander. Ich holte die Mundharmonika, stellte mich ans Bett und spielte Till sein Ständchen. Freundentränen überkamen ihn allerdings nicht. (Ich hätte lernen sollen, Ukulele und Mundharmonika gleichzeitig zu spielen! Dann hätten Tränen wohl eine Chance gehabt.) Ich spielte ein weiteres Mal auf der Mundharmonika, vielleicht hatte er noch nicht so ganz verstanden, dass ICH dieses Lied spielte und kein MP3 Player. „Was du alles kannst“, konnte ich ihm entlocken. Die Freudentränen aber blieben aus. „Warte, ich kann noch mehr!“ Ich holte die Ukulele und hoffte auf das de Boer´sche Erfolgsquartett im "Happy Birthday" singen. Aber ich sang alleine, ohne Theo, ohne Hugo, ohne Ole. Ich sang sehr laut und recht zügig, weil die Jungs sofort die Ukulele haben wollten und dies lautstark von sich gaben. Bevor einer von ihnen handgreiflich werden konnte, war ich fertig mit Singen und die Ukulele so schnell im Schrank wieder verschwunden wie niemand Happy Birthday auch nur sagen konnte.
Theo hatte Hunger und griff in den Geburtstagskuchen. Zum Glück fiel er dabei nicht runter, Ole hätte sich zwar sehr gefreut. Ich mich allerdings weniger. Stundenlang hatte ich in der Küche gestanden...Nun fehlte dem gedeckten Apfelkuchen also ein Stück Rand. Egal. Ich schob die Croissants in den Ofen, baute den Kerzenkranz wieder zusammen und holte Till aus dem Bett an seinen Geburtstagstisch. Ich verzichtete auf die Kerzen, wir wollten ja nicht noch vor dem Frühstück in Flammen aufgehen und schon war mein schönes Arrangement dank eines weiteren Kinderbebens wieder ruiniert. Geschenke wurden aufgerissen, Croissants verbrannten im Ofen, es gab stattdessen Aufbackbrötchen, die ich im Schrank fand, und dann schlug beim Frühstück Theo´s Müdigkeit zu. Drama aufgrund von hart gekochten Eiern, die er alle alleine essen wollte, gefolgt von einem Weinkrampf sondergleichen, weil er nur eins bekam. Kurze Zeit später lag Theo wieder im Bett, völlig ausgepowert im Tiefschlaf und nicht lange danach tat Hugo es ihm nach! Wie viel Glück kann man haben? Endlich Ruhe. Zeit zu zweit? Später. Till wollte raus in die Sonne und mit seinem Mountainbike die Borderline (Freiburgs Downhill-Strecke) runterfahren, Ruhe und Natur genießen…. Und ich? Ich hätte mich mal besser zu den Jungs ins Bett gelegt, denn statt mit Polonese, Partyhütchen und Tröten durch Sonnys und Arnes Wohnung zu marschieren bin ich gestern Abend auf deren Couch einfach eingeschlafen…. Happy Birthday Till!
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toby (Freitag, 01 November 2013 22:16)
alles gute zum geburtstag! :)
Ronja (Samstag, 02 November 2013 16:02)
HAHAHA. Ja so ist das wahre Leben!!! Aber auch wenn es anders kommt als man denkt... irgendwie klappt es dann doch immer... wie war das. Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach leckere Limonade :)