Mit dem WOMO Führer nach Portugal

Im Gegensatz zu unseren Reisen nach Indien hatten wir uns auf diese Reise nach Portugal bzw. Marokko gar nicht vorbereitet. Wir waren schon losgefahren, da fiel Till ein, dass wir ja ganz leicht Kartenmaterial über den ADAC bekommen konnten, statt nur mit Navi zu fahren, und ließ einiges nach Freiburg schicken. Leider gibt es keine Marokko-Karte vom ADAC mehr, wie wir dann feststellen mussten. Eine andere Marokko-Karte besorgten wir dann noch schnell in Freiburg. Das einzige, was ich im Vorfeld schon gekauft hatte, waren zwei Bücher.

Einmal der Womo-Führer nach Portugal und einmal ein Stellplatzführer Marokko. Mit einem 11m langen Bus, der einen 18m Wendekreis hat, hat man keine Lust auf Abenteuer im Sinne von Stellplatzerkundung, so wie wir es mit unserem Allrad-LKW machen konnten. Da freut man sich über Stellplatz-Tipps und wenn man ein ganzes Buch voll davon kaufen kann – sehr gerne. Hier waren einfache Parkplätze an landschaftlich schönen Plätzen beschrieben, mal mit Wasserversorgung, mal mit Entsorgungsmöglichkeiten, gelegentlich auch mal mit Strom. Es waren Autogas Tankstellen eingezeichnet – und da wir einen Autogastank für unsere Gasversorgung verbaut haben, sollte auch dies irgendwann von Nutzen für uns sein.

 

Durch Frankreich fuhren wir nach dem Vorschlag des Womo-Führers. Die Stellplätze waren alle sehr idyllisch, oft am Fluss gelegen und meist nicht wirklich groß. Ausgelegt ist das Buch zwar auf das klassische Wohnmobil und keinen riesigen 12 Tonnen Bus, bisher hat es aber immer irgendwie gepasst. Vor ein paar Tagen war natürlich mal wieder ein bißchen Adrenalin dabei: Till meinte, wir fahren jetzt einfach mal auf den Mini-Parkplatz am Fluss runter, auf dem man nicht mal eben so wenden konnte. Die klitzekleine enge Zufahrt ging steil bergab und nicht wirklich so schnurstracks gerade aus, als dass man mal eben ganz leicht mit 11m x 2,50m wieder hätte rückwärts setzen können. Aber so ist Till (wir erinnern uns an die Aktion im Baltikum…). Und schon standen wir da unten am Fluss. Schön war es dort. Keine Frage. Aber da unten mussten wir dann wenden. Im Dunkeln. Austin Powers mäßig. Das rechte Blinkerglas am Gepäckträger ist jetzt kaputt. Aber wir konnten am nächsten Morgen vorwärts wieder raus fahren. Ein einziges noch so kleines Fahrzeug mehr dort unten – wir hätten nicht wenden können.

 

Einen wunderschönen Platz hatte das Buch hinter Bordeaux für uns parat: Hinter einem Dorf an einer Friedhofskapelle auf einer Wiese. Nur wir, ein Haus, ein paar Grabpfleger und nachts ein Uhu, um die Atmosphäre perfekt zu machen. Idyllischer ging es wirklich nicht. Der Womo-Führer ist äußerst beliebt bei Wohnmobilisten und wir fragten uns, wie es hier wohl im Sommer aussehen würde? Romantische Friedhofskapelle im Sonnenschein und vor der Maurer parken dicht an dicht 8 weiße Wohnmobile mit grau gestreifter Markise mit Farbverlauf wahlweise Muster „hübsche Welle" in blau, grau oder braun samt Campingtischen und Stühlen? ;-)

 

Wir beschlossen am nächsten Tag nicht zu fahren, und diesen idyllischen Platz am Friedhof samt Sonne zu genießen. Denn seit Freiburg klebte eine dicke Regenwolke mit eiskaltem Wind an uns dran, die uns quer durch Frankreich begleitete. Wir verbrauchten bis Bordeaux die Hälfte unseres LPG Gastanks. Nicht zu heizen war einfach zu kalt. Jetzt kletterte das Thermometer endlich von 6 auf unglaubliche 18 Grad und die Wolke war verschwunden, die Sonne war einfach nur herrlich warm. Endlich mal wieder draußen sein, Bobby Car´s über die Wiese ziehen und Fussball spielen. Theo pflückte ein paar Blumen. „Musst du Mami bringen, freut sie sich“, verriet ihm Till. Also rannte Theo los Richtung Mami, stoppte aber vor der nächsten Blume und pflückte auch diese. Rannte zurück zu Papi, denn der Papi sollte sich auch über eine Blume freuen, bevor er wieder zu Mami rannte und seine Erst-Gepflückte überreichte. Glückliche Eltern, glückliche Kinder, Friede, Freude, Eierkuchen. So verbrachten wir den Nachmittag und so wollten wir den nächsten Tag verbringen.

 

Der nächste Morgen bescherte uns dann aber wieder die übliche Suppe: grau in grau samt Nieselregen und kalt. Unser Regenwolken-Stalker hatte uns also mal wieder eingeholt. Weiter fahren? Oder klart es doch noch auf? Wir blieben, um festzustellen, dass es nicht mehr aufklarte. Nachmittags bekamen Theo und ich einen Rappel. Wir mussten raus. Und wir mussten eigentlich auch zum Supermarkt. Grund war unser neuer Soda-Streamer für den wir noch zwei weitere Ersatzpatronen haben wollten. Wir haben nämlich keine Lust mehr auf diese tausend Plastikflaschen, die wir in den Müll schmeißen müssen und dank unseres guten Filters schmeckt unser getanktes und mit Micropur gereinigte Wasser sogar. Mit Sprudel halt eben noch besser.

 

Den Trip zum Supermarkt hätte man mit dem Bus erledigen können, aber so eine kleine Radtour in Regenklamotten samt frischer kalter Luft um die Nase sollte es sein. 5km waren es bis ins Dorf, also locker zu schaffen. Was ich als Mädchen vom platten Land mal wieder nicht mit einberechnet hatte war die nicht unerhebliche Steigung. Mit Theo hinten drauf und meinem chinesischen 200 € Hollandrad ohne Gangschaltung ächzte ich dann die ersten Kilometer bergauf. „Sneller, Mami! Sneller!“ rief der junge Mann sehr optimistisch hinter mir im Kindersitz. Fehlte nur noch die Peitsche. Der Regen prasselte von vorne, hinten schoben sich kalte Kinderhände unter meinen Pullover. Teilweise war die Steigung nicht zu schaffen, aber der Kutscher hatte sofort einen Tipp parat: „Mami, musst du ssieben, ssieben, Mami!“ Ja, ich schieb ja schon, Theo! Warum hatte ich eigentlich nicht auch so ein E-Bike oder Pedalic Fahrrad wie Till? Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir ins Dorf und ich begann einen fatalen Fehler. Statt links herum zu fahren, bog ich rechts ab. Hier ging es herrlich bergab und ich stellte sehr schnell fest, dass der Supermarkt in die andere Richtung war. Umdrehen und wieder bergauf… Irgendwann kamen Theo und ich dann auch mal pitschnass mit knallroter Birne beim Supermarkt an. Rein in den Supermarkt! Schnell alles erledigen und dann bergab zurück zum Bus!

Wir verließen Frankreich in der Hoffnung, die Sonne endlich länger als zwei Stunden zu sehen. Aber der Norden Spaniens war nicht besser. Jedes Mal, wenn wir bei Sonnenschein ankamen und beschlossen, wir bleiben einen Tag länger, damit sich alle draußen mal austoben konnten, war es am nächsten Tag wieder vorbei. Dieser Regen klebte einfach an uns. Bleifuß nach Marokko? Nein, Portugal wollten wir doch erst einmal eine Chance geben. Und siehe da, seit zwei Tagen sind wir in Portugal und seit zwei Tagen haben wir Sonne satt!! Samstag soll es allerdings wohl wieder regnen… (Update: wir haben Internet und ich konnte endlich den fertigen Blogartikel hochladen. Samstag hat es übrigens nicht geregnet! Und gestern und heute auch nicht! ;-)....)


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Kommentare: 4
  • #1

    heinrich (Dienstag, 19 November 2013 17:23)

    Amelie, erinnerst du dich an die zweite Nacht mit dem Wohnmobil in BC, Canada - ein wunderschöner kleiner Stellplatz an einem kleinen Fluss, sehr idyllisch - aber am Morgen das Problem mit dem Herauskommen - Gottseidank warst du soooooo stark, den großen Felsbrocken beiseite zu rollen - so konnten wir einigermaßen und ohne Kratzer den Platz verlassen - die nächsten Plätze wurden gezielter ausgewählt - vieles wiederholt sich im Leben!!!
    Alles Liebe für euch alle - p.

  • #2

    Amelie (Dienstag, 19 November 2013 20:18)

    Ja ja, was ich damals alles so für aufgaben von dir bekommen habe... ;-) Jemanden anhalten, weil der tank leer war (du: komisch, der tank wird ja immer voller laut anzeige...ich: in der tat, das ist sehr merkwürdig...) und wir per anhalter zur tanke mussten um einen reservekanister zu füllen...ich glaube, die entsorgung der boardtoilette gehörte auch in mein aufgabengebiet, ob ich nun wollte oder nicht. Haste kinder haste sklaven ;-) hab dich trotzdem lieb!

  • #3

    Konrad Ollmann (Mittwoch, 20 November 2013 17:26)

    Ihr Lieben, habt herzlichen Dank für Euren sozusagen " privaten Reisebericht".Es ist ja trotz meist schlechtem Wetter alles reibungslos verlaufen, bis allerdings auf die eine zu enge Straße inclusive Parkplatz. Aber ja dank Till`s besten Fahrkünsten wieder geglückt.
    Mit vielen lieben grüßen von Anke und Konrad.

  • #4

    Heinrich (Donnerstag, 21 November 2013 13:41)

    ... und auf so einer Reise kann mann / frau nur an den Aufgaben wachsen.... LG.P.