Ich äugel. Du auch?

Ich hab ein neues Hobby. Äugeln. Oder eugeln, wie Till es schreiben würde. Vor ein paar Tagen haben wir nach Ewigkeiten mal wieder „Lammbock“ geguckt und dieser Begriff fiel. Äugeln. Eugeln. Moritz Bleibtreu ließ den Zuschauer im Unklaren, um was es da jetzt genau eigentlich ging und wenn man mal googelt, gibt es zig Antworten und eine davon war natürlich Sex. Ist ja immer so. Mein neues Hobby dreht sich nicht um Sex.

Wobei es eigentlich gar kein neues Hobby ist, sondern vielmehr eine großartige Bezeichnung für ein Hobby, das jeden Smartphonebesitzer betrifft: permanent in sein Handy glotzen.

 

Das heißt ab heute bei uns äugeln. Deswegen schreib ich es jetzt auch einfach mal mit „ä“. Klingt doch auch schon viel schöner und weniger vorwurfsvoll. "Na? Äugelst du schon wieder?" Statt: "Na? Glotzt du schon wieder in dein Handy?"

Ich äugele nicht permanent. Oft. Was ich denn schon wieder äugeln würde, fragt mich dann der Mann, der das äugeln quasi erfunden hat und grundsätzlich "dies und das" recherchiert. Ich quatsch mit Sonny, Uschi, Nina, Jaane, meiner Schwester…Whats App eben. Bzw. brandneu Threema. Threema befindet sich bei mir gerade in der Testphase und eigentlich ist nix groß anders als man es von Whatsapp kennt. Bisher habe ich es für gut befunden. Und ob es nun whatsapp oder Threema ist, es ist und bleibt eine herrliche Art, sich auch auf große Distanz mit den Mädels daheim nicht aus den Augen zu verlieren, sich Blödquatsch zu schicken, gemeinsam zu lachen und Fotos auszutauschen. Pling. Pling. Pling. Mit 3000km Entfernung dazwischen - ich finds super. Mir ist es eigentlich egal, ob uns jemand dabei ausspioniert, viel Ernsthaftigkeit wird man in den Nachrichten eh nicht finden. Aber wer weiß wozu Herr Zuckerberg jetzt auch noch meine Telefonnummer haben will. Ich könnte sie ihm im Grunde ja eigentlich geben. Alles andere kriegt er von mir auf Facebook ja auch. Fotos. Statements. Vorlieben. Aber, ich mache die Tage mal den ersten Schritt in die entgegengesetzte Richtung von Herrn Zuckerberg und geh fremd. In der Schweiz. Whatsapp wird gelöscht, es wird ab jetzt nur noch gethreemat. Stellt sich eigentlich nur noch die Frage, wie sich das ganze ausspricht. Englisch mit "ti eytsch"? Switzerdütsch mit rollendem R und einem li zur Verniedlichung dran gesetzt?

 

Neulich hab ich beim allgemeinen Äugeln einen Artikel gefunden, in dem es darum ging, dass wir immer nur mit Äugeln beschäftigt sind und man sein Smartphone weglegen sollte, um mit seinen Kindern intensive Zeit verbringen soll und wie schön das ist - so ohne Dauer Pling Pling und Co. Ist bestimmt viel dran an dem Artikel, aber der Schuh passt trotzdem nicht. Wir sind 24/7 mit unseren Jungs zusammen. Alleine die ganzen Tage in Manta Rota habe ich den Bus nur morgens und dann wieder abends zum schlafen gehen von innen gesehen und den restlichen Tag zwischen Strand und Spielplatz verbracht, habe fünf Dutzend Muscheln und Steine mit Hugo gesammelt, jede schöner als die andere und genauestens begutachtet. Ich habe gefühlte 763 Sandburgen mit Eimern gebaut, die nie länger als 10 Sekunden stehen blieben, weil entweder Theo oder Hugo sofort drauf gesprungen ist, um sie kaputt zu machen. Ich bin 50 mal die Rutsche runtergerutscht und habe Hugo 200 mal unten auf die Rutsche gehoben, weil er nicht alleine drauf kam, um barfuß hochzuklettern und wieder runterzurutschen. Ich habe Hugo mindestens genauso oft auf der Schaukel angeschubst, Theo hingegen weniger: Mami nicht so doll, Papa macht. Ich habe Holzeisenbahngleise zu einem tollen Berg-auf-Berg-ab-im-Kreis-fahren-abbiegen-auf-der-Weiche-durch-nen-Tunnel-über-ne-Schranke-Achtung-Zug-von-rechts-über-die-Brücke Parcours aufgebaut nur danach wollten sie dann aufs Laufrad. Danke fürs Aufbauen, vielleicht spielen wir später dann damit. (Die Holzeisenbahn ist jetzt wieder auf dem Dach verstaut, bis sie wieder interessant ist.) Und zwischen diesen ganzen Aktionen hab ich einfach immer mal wieder in mein Handy geguckt. Bilder bearbeitet, die ich gerade geschossen hatte, Emails gelesen und beantwortet, Videos verschickt wie Hugi einen sehr witzigen Laufrad-Stunt hinlegt ohne sich zu verletzen. Ich hab Facebook gecheckt und mich gefragt, wer dieser Saaaaamuuuu ist, weswegen alle so aus dem Häuschen sind. Google und Bild haben es mir dann beantwortet. Jetzt weiß ich´s. Wieder was gelernt. Ich bin wieder auf dem Laufenden mit Heidi und Seal, it feels like spring in Hamburg und Wimpern-Extensions sehen in der Nahaufnahme komisch aus. Finde ich. Alles geäugelt mit meinem geliebten iPhone. Unwichtige Dinge, die die Welt nicht braucht und deswegen nochmal schnell zwischen dem 211. und 212. Sandburgeimer die Schlagzeilen von Stern und Spiegel gelesen. Sehr wichtig: die Petition der Hebammen unterschrieben! (Wer heute noch nichts Gutes für das Gemeinwohl getan hat, holt dies hier JETZT nach.)  All das hab ich geäugelt während die Jungs gerade mal kurzfristig mit dem Bagger gespielt haben - bis sie sich genau um diesen wieder streiten mussten und ich mit "hey, wer macht diese tolle Sandburg kaputt" für Ablenkung sorgen konnte. Ablenkung ist das Zauberwort. Denn immer nur auf dem Boden rumkriechen und die Choo-Choo-Train Animateuse zu spielen? Immer nur zuschauen, wie der Bagger den Sand auf den Kipplaster lädt, der ihn dann wieder ablädt, damit der Bagger wieder kommt und das gleiche dann in Endlosschleife wiederholt? Und dann will der Baggerfahrer auch Kipplasterfahrer sein und der kleine Bruder soll am besten auch nur noch zugucken, so wie Mama das schon die ganze Zeit macht? Ähm, nee. Das erfüllt in diesem Moment meine Jungs, mich im zweiten Moment aber mit Langeweile. Ich könnte ein Buch lesen. Aber da ich ja permanent unterbrochen werde, weil ich wieder mitspielen darf/soll/kann/muss, macht das wenig Sinn. Ich würde ewig für ein Kapitel brauchen, weil ich nie vertieft lesen könnte und müsste immer wieder die Sätze von vorne anfangen. Nein, ein Buch lesen bringt einfach nix. Ich brauche auch nicht wirklich in Ruhe an meiner Nähmaschine zu arbeiten. Einer will immer das Garn. Oder aufs Gaspedal drücken. Oder einfach nur so überall dran rumfummeln, wo ich das gerade überhaupt nicht gebrauchen kann. Das ist dann der Nachteil vom Leben im Bus: Kein Kinderzimmer, kein Nähzimmer, keine Tür zum Zumachen, daußen kein Zaun, also Kinder immer im Auge behalten und hinterher laufen. All day long. Da bleibt dann nicht so viel Raum für zeitintensive eigene Dinge. Und deswegen äugel ich lieber. Ein bißchen hier, ein bißchen da. Genau das richtige, um einen herrlichen Tag mit seinen Kindern im Sandkasten und auf dem Spielplatz zu verbringen: Zwischendurch einfach immer mal wieder äugeln - zur eigenen Unterhaltung.

 

Äugelst du auch? Vielleicht gerade diesen Blogartikel? ;-)



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Kommentare: 3
  • #1

    Steffi (Dienstag, 25 Februar 2014 09:25)

    Nö, ich eugel nicht... ich habe gar kein Smartphone...

  • #2

    gerne-mitlesender (Dienstag, 25 Februar 2014 12:37)

    ähm hast du nicht quizduell vergessen? ;-)

  • #3

    Amelie (Dienstag, 25 Februar 2014 12:47)

    Nee, weil spielen tu ich nicht. Kein quizduell, kein candy crash, kein farmville, kein solitaire. Auf meinem Handy findet man auch keine Spiele Apps, dafür aber Apps wie Bunte und Gala...