"Mama, das Wasser ist leer!"

Dass ich ein ziemliches Sprachgenie bin, hatte ich ja schon mal erwähnt. Was ich noch nicht gesagt habe, dass ich auch perfekt Theolinisch und Hugonesisch spreche. Klar, man könnte jetzt meinen, weil Theo und Hugo mein eigen Fleisch und Blut sind und ich permanent mit ihnen zusammen bin, spreche ich ihre Sprache. Warum kann das dann der Vater nicht? Ist doch auch sein eigen Fleisch und Blut und auch er ist immer da? Richtig. Weil eben doch ein gewisses sprachliches Naturtalent von Nöten ist.

Das fängt schon morgens an. Gut, Nane für Banane versteht jeder. Ist ja auch so ein Klassiker. Die meisten Kinder sagen Nane. Das versteht auch der Papa. Nur wenige sagen Mamamei oder so einen Quatsch und meinen damit diese gelbe Frucht. Hugo sagt Nane, und steht vor unserem Obstkorb. Da erklärt sich dann von selbst, was er möchte. Theo sagt stattdessen: "muss ich unbedingt Kleber-Banane". Was musst du? Tja, Papa, muss er unbedingt Kleber-Banane! Ist doch ganz logisch! Wehe aber, wenn keine Kleber-Banane mehr da ist und man heimlich improvisieren muss. Runter mit dem Aufkleber vom Apfel und rauf auf die Banane. Alles innerhalb von 2 Sekunden und ganz heimlich. Hat Theo dann seine geliebte Kleber-Banane, wird der Aufkleber sofort abgepult irgendwo rangeklebt und vergessen. Aber wehe, wenn das Ding mal keinen Aufkleber hat! Drama, baby!
Wir schmieren unsere Frühstücksbrote mit Monato (Theo: Marmelade), Dässe (Hugo:Käse), es gibt Dith (Hugo: Milch, bzw trinken) oder Kakao. In Theos Version heißt das dann Uuh-Uuu-Uuhh-Uuuh-Kakao, weil auf der Verpackung ein Affe ist und ich irgendwann mal in diesem Zusammenhang einen Affen imitiert habe...ja, man muss vorsichtig sein, was man macht.  Hugos Version von Kakao ist anders einprägsam: Kacka-Kao.
 Gestern ruft Till ganz freudig: "Schatz, Hugo hat Mami statt Mama gesagt! Ist das süß! Hör mal!" "Maaami!" "Ja, total süß. Aber er will Salami!" So ähnlich wie gestern bei der Übersetzung zu Maaami hat Till vor einer Woche geguckt, als Hugo auf den Schrank zeigte und immer wieder "Dooots" rief. "Das müssen wir ja auch nochmal rausfinden, was das heißen soll. Immer dieses Doooots", so der Papa. Die Dolmetscherin in dieser Familie hatte sich diese Frage noch nie wirklich gestellt, weil sie schon lange die Antwort wußte: "Hugo, willst du Brot?" Hugo: "Ja!" "Dass du das alles immer verstehst..." Dooots ist auch nicht zu verwechseln mit Doot. Boot. Die gibt´s hier vor unserer Nase viele. Auch wenn das Wasser plötzlich halb weg ist und Theo das nach der ersten Nacht in Ferradugo sehr erschreckend fand. "Mama, das Wasser ist leer!" Meine Ebbe-Flut Erklärung hat er so hingenommen und ist jetzt ein alter Hase was die Tide betrifft.

Nach dem Frühstück macht Theo gerne Musik an. Aber das ganz normale Radiogedudel "ist mir zu hart.", so Theo. Er geht dann zum Radio, macht den USB Stick rein und tanzt dann vorm Spiegel zu Elektro! Hat halt Geschmack... ;-)
Danach geht es ab aufs Baabab (Hugo: Fahrrad) - Theo fragt aber erst: „Ist das ein Plan?“ Und dann wird meistens 10 Minuten im Dialog mit sich selbst darüber gesprochen, ob der Dialogführende (Theo) jetzt einen Platten hat oder ob der Bürgermeister (??? da hab ich dann mal ganz doof geguckt und genauer hingehört) das jetzt noch reparieren kann. "Hast du das gehört, Till?" Klar, DAS hatte Papa verstanden und ihn natürlich sehr gefreut als was er da bezeichnet wurde. Ich hingegen frage mich, wo er das her hat. Sie gucken wahnsinnig gerne "die Schlümpfe" und "mein kleines Pony" - aber wo taucht da bitte ein Bürgermeister auf?

Was für Theo das Schlusch-Schzeug ist für Hugo das Du-Doich und wenn sie mich später fragen, was ihre drei ersten Worte waren muss ich bei Theo sagen: Miii (Milch), Mama und Uuuuee (Uwe). Ja, Uwe.  Es hat eine Zeit lang gedauert, bis ich verstanden hatte, warum Theo (damals ein bißchen über 1 Jahr alt) immer zum Fenster ging und "Uuuuuuuuueeeeee, uuuuuuuueeeee" rausschrie. Es gab keinen heimlichen Hausfreund namens Uwe. Ich kenn auch bis heute keinen Uwe. Es ging um den, den Hugo immer "Oooooeeee" nannte. Erkannt? Richtig. Es geht um Ole. Hugos ersten drei Worte waren natürlich auch Mama (damit meinte er mich UND Till) und Oooeee  und Annhänna. Anhänger. Was seine Liebe zum Fahrradanhänger erklären könnte.

Wenn Hugo mal wieder an meinem Finger zieht und bamm (komm) ruft, und ich aber gerade mal fünf Minuten einfach nur in der Sonne sitzen möchte, dann vermisse ich das Bounce -Bounce (Trampolin), was in Rosengarten/Hamburg stand. Die Kinder haben es geliebt und konnten stundenlang drauf rumtoben. Stattdessen wird hier auf dem Bett gebounct. Aber erst muss Hufo (Hugo: Hugo) ooot (Hugo: hoch) aufs Bett und dann hab ich immer ein bißchen Angst, dass einer otta (Hugo: runter) fällt bzw. "falling down" macht. Ja, das Englische aus Theos Kindergarten in Goa. Es war wirklich süß. Leider ist es weg und es gibt kein "nau oder nonono" für nein mehr, kein luuuuuk für gucken, juice für Saft oder nice für schön. Stattdessen hat sich das "Sssiiissaaa-Mannanno" aber eingebrannt und ist aus unserm Familien-Wortschatz nicht mehr wegzudenken. Diese Bezeichnung hatte Theo irgendwann aus seinem Goa-Kindergarten mit nach Hause gebracht und sang permanent: "Siiiisssaaa Maaannanno". Als Sprachgenie der Familie dachte ich ganz klar, er singt: Tiiiii-Shirt, Butter-Toast. Muss ein Lied sein. Die Kindergärtnerin hat mich erst ganz blöd angeguckt und sich dann tot gelacht. Wenigstens wusste ich danach, dass es kein T-Shirt Buttertoast Lied gibt. Die Antwort auf Sssissa Mannano hat Monate gedauert! Erst als wir auf dem Rückweg durch Pakistan fuhren und uns unsere Polizeieskorte überholte, rief Theo plötzlich: Ssissa Mannano! War es das Polizeiauto? Ich holte umgehend ein Buch mit Fahrzeugen. Aber er zeigte bei Ssissa Mannano nicht nur auf das Polizeiauto, sondern auf alle Autos mit Blaulicht! Inzwischen hat sich das ganze sogar noch verfeinert, denn es gibt da gewisse Unterschiede, wie Hugo meint. Autos mit einem Ssissa Mannano und Autos mit OOeeeOOeeeOOeee. Ssissa Mannano ist das eckige Blaulicht, was über die ganze Fahrzeugbreite geht. Ein OOeeeOOOeeeOOOeee hingegen ist nur das runde kleine Blaulicht. Ja, das muss man alles wissen, wenn man es mit unseren zwei Jungs zu tun hat.


In Indien wurde Theo immer gefragt: What´s your name? "Tio". Leider hat er das inzwischen vergessen. Wenigstens kann ich noch bei Hugos Antwort auf "Wer ist das?"- "Tio" dahinschmelzen, auch wenn er manchmal durcheinander kommt und denkt, er würde auch "Tio" heißen. Auf die Fragen "How are you" und "How old are you" kennt Theo zwar noch die Antworten von damals, aber man muss die Fragen in der richtigen Reihenfolge stellen. Sonst gehts ihm "two" und er ist "fine" Jahre alt.

Wenn er mal nicht "fine" ist, sondern extrem weinerlichen, dann hat das folgenden Grund: "ich hab müde", "ich hab kalt", "ich hab Milch" oder "ich hab aua, muss ich unbedingt Zahnarzt gehen". (Seit Hugos Zahn-Geschichte in Freiburg denkt Theo, bei jedem Aua hilft der Zahnarzt...) Weil Zahnarzt ja nicht geht, muss er unbedingt Pflaster haben. Klassiker. "Muss ich unbedingt" ist sowie so eine der meist verwendeten Satzanfänge. "Muss ich unbedingt pieschern" höre ich sehr gerne. "Muss ich unbedingt riesige Kackawurst machen" auch. Wenn ein Kind erst nach seinem dritten Geburtstag endlich auf Windeln verzichten will und das große Geschäft sehr sehr viel Überwindung kostet, sind diese Sätze Musik in Muttis Ohren! Es folgt dann ein "lass mich Ruhe", wenn er auf der Toilette sitzt und nach der Ruhe folgt dann mit Mutti ein Jubeltanz samt Rapeinlage. Manchmal frage ich mich, ob ich noch normal bin. Nicht wegen der Tanzeinlage. Sondern wenn wir der riesen K....w…t dann winken und tschüss rufen, während Theo sie wegspült. Nicht zu vergessen, das "gib mir fünf großer Junge" Abklatschen, wenn der Toilettendeckel heruntergeklappt ist und wir total cool das 1,5qm Badezimmer wieder verlassen. Ich hoffe, das wird nie jemand sehen...

Um nichts zu vergessen kritzele ich all diese Anekdoten auf kleine Zettel. „Ich winne nicht“ verlieren und deswegen verewige ich die Highlights jetzt in diesem Blog. Eines von neulich muss ich aber noch erzählen: als Hugo vor ein paar Tagen auf der Gorch Fock ganz erfreut auf die Deutsche Flagge mit Bundesadler zeigte und rief: Kacka-Gei! (Papagei) Ja, das hätt ich gern auf Video gehabt! Die Blicke der anderen Besucher übrigens auch… Die Geschichte von Theo im letzten Frühjahr, wo er in Tränen ausbrach und dachte, dass sein Schniepi kaputt ist, weil nichts mehr rauskam, erspare ich euch aber in ganzer Länge.

Und wisst ihr was? "Ist schon ganz schön dunkel draußen" und die Sonne ist nicht mal eben einkaufen. Ich hab müde. Muss ich unbedingt schlafen. Morgen um sieben Uhr sitzt nämlich Theo vor mir und fragt so lange "Mama, bist du auffewacht?" bis ich es dann auch endlich bin. In diesem Sinne: Nachti!


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Kommentare: 5
  • #1

    shogun (Sonntag, 02 März 2014 13:26)

    Schöööön :-)
    Meine sind zwar groß,aber ich erinnere mich auch gerne an deren dann doch verloren gegangenen Wortschatz.
    Allerdings nicht ganz.
    Zb. hieß zur allgemeinen Belustigung mein Ex-Schwager Jürgen bei meiner Tochter "Joghurt".
    Viele nennen ihn zum Spaß wohl heute noch so.

  • #2

    Hase (Montag, 03 März 2014 13:03)

    ;))) na dann rate mal, welches Lied Clara damit meint: "Singe Bääääär, singe Bäaaaaär, singe aaaoooooeeeeeiiii" - bei uns übrigens ein Ganz-Jahres-Lied

  • #3

    Amelie (Montag, 03 März 2014 16:46)

    Jingle bells jingle bells jingle all the way? :-D

  • #4

    bremer (Dienstag, 04 März 2014 07:16)

    das ist ja eine sehr schöne Geschichte - schade, dass ich mich nach so vielen Jahren nicht mehr an die ersten Wortschätze meiner beiden lieben Töchter erinnern kann

  • #5

    family4travel (Dienstag, 04 März 2014 15:25)

    Grandios. Hier bleib ich. Wieso hab ich dieses tolle Blog nicht schon früher gefunden?

    Mein Lieblings-Kindermund-Missverständnis war, als Silas mit einem guten Jahr bei Ansicht einer Innenstadt-Baustelle in Florenz eine britische Reisegruppe schockierte, indem er ausdauernd freudig "Bagger!!!" rief (was, mit u geschrieben, auf Englisch ein recht vulgäres Schimpfwort ergibt).

    Viele Grüße,
    Lena