Endstation Wietzen: Gekommen um zu Bleiben!

Lassen wir die Bombe mal direkt platzen: Wir werden sesshaft! Nach (fast) 5 Jahren on Tour haben wir tatsächlich kein Bedürfnis mehr nur noch zu Reisen, sondern einen großen Wunsch nach einer Basis und Beständigkeit. Wir wollen Familie und Freunde nicht nur zwei- oder dreimal im Sommer  sehen, bevor es mal wieder losgeht. Nein, wir wollen nicht mehr los, keinen warmen Winter mehr im Ausland. Wir hängen die Flip Flops mit dem kommenden Herbst tatsächlich an den Nagel und steigen um auf Ugg-Boots und Business-Schuh. Der Bus kommt in die Scheune und wir vergrößern uns wieder von 20qm auf 300qm! Ganz die alten Zeiten, als es Schulenburg Nord bei Hannover noch gab samt seiner  300qm Villa. Nach 5 Jahren auf engstem Raum endlich wieder Platz!

Wieso? Weshalb? Warum?

 

Genau kann ich das eigentlich gar nicht sagen. Es ist einfach ein Gefühl, genauso wie es damals ein Gefühl war unbedingt los in die Welt zu müssen, unbedingt auf dem Landweg nach Indien zu wollen. Erst als wir letzten Winter in Portugal waren wurde mir klar, dass der permanente Ortswechsel mich nie zur Ruhe kommen ließ. Wir hatten während unserer Indien-Reisen immer ein paar Monate an einem festen Ort in Goa bzw. in Nepal. Man war angekommen. In Portugal nicht. Jede Woche mussten wir die Sachen zusammen packen um Wassertanken zu fahren bzw. zu entsorgen. Jede Woche ein neuer Stellplatz. Dazu kam, dass ich anfing meine Privatsphäre zu vermissen. Wir lebten immer auf dem Präsentierteller. Jeden Tag. Man war nie alleine. Weder im Bus, noch draußen. Till störte das weniger. Er fand überall seine innere Mitte. Ich nicht. Einsame Stellplätze waren in Portugal mit dem 11m langen Bus und ohne Allrad Mangelware. Es gab immer andere Camper, die natürlich neugierig waren. Der Bus ist ja auch nicht gerade klein und unauffällig. Täglich gab es interessierte Menschen, die mehr über unsere Reisen und unser Lebenskonzept wissen wollten. Irgendwann hatte ich aber einfach keine Lust mehr immer und immer wieder die gleiche Geschichte zu erzählen. Also überließ ich das Gequatsche irgendwann Till und gesellte mich erst dazu, als der Standard-Fragenkatalog abgearbeitet war. ;-) Auch in Deutschland hatten wir keinen festen Stellplatz – unser Stellplatz in Rosengarten bei Hamburg war nur für einen Sommer gedacht. Auch hier war irgendwo ankommen immer nur temporär und nach wie vor auf dem Präsentierteller.


Als mein Vater uns in Portugal besuchte, interessierte es ihn, wie es für uns eigentlich weitergehen sollte. Die einzige Alternative zum Reisen, so erzählten wir ihm, wäre für uns ein alter Resthof  mit viel Platz. Wir wollten diese Idee eigentlich erst umsetzen, wenn die Jungs in die Schule müssen aber plötzlich fühlte sich dieser Gedanke viel besser an, als die ständige Reiserei. Wir stellten fest, dass wir ein Bedürfnis nach einer Basis hatten. Nach einem Zuhause für uns und unseren Jungs. Sie sollten endlich die Möglichkeit haben, feste Freundschaften zu schließen und keine Tränen mehr vergießen, wenn die gleichaltrige Reisebekanntschaft  weiterzieht. Und so fingen wir direkt an sämtliche Immobilenportale im Internet nach Resthöfen zu durchforsten. Als wir Ende April zurück waren ging es los mit Besichtigungen. Gefühlt haben wir alle verfügbaren Resthöfe im Dreieck Hamburg-Bremen-Hannover angeschaut. Die, die in Frage gekommen wären, entpuppten sich entweder als Bauruinen oder waren bereits verkauft. Es war eine emotionale Achterbahnfahrt und wir stellten fest: genau das, was wir suchten, gab es nicht. Entweder keine Alleinlage, oder eine zu kleine Scheune. Oder zu teuer oder zu baufällig. Oder oder oder. Dann verliebte ich mich in einen wunderschönen Fachwerkhof. Manko: Die Scheune war 50cm zu kurz! Der Bus passte nicht rein. Aber sollte das jetzt alles wegen fehlender 50cm scheitern, wenn alle anderen Parameter stimmten? Wir gaben ein Angebot ab und im Kopf war ich bereits eingezogen. Till war nur  zu 90% überzeugt – eben wegen der Scheune. Doch auch er wusste, den perfekten Hof schien es nicht zu geben.


Ein paar Tage später rief der Lebensgefährte meiner Schwiegermutter an. Er hätte noch einen Hof entdeckt, 8km weiter als der Fachwerkhof, den wir zugesagt hatten. Ich dachte, gucken kostet ja nichts, vielleicht sind das die fehlenden 10% für Till. Tja, was soll ich sagen. Es waren die absoluten 100% für jeden von uns! Alle Parameter, die wir vorab für unseren Traumhof festgelegt hatten stimmten! Es gab ihn! Samt Scheune für den Bus! Wir zogen unser Angebot beim Fachwerkhof umgehend wieder zurück, riefen unsere Freunde Marion und Patrick an und ein paar Tage später saß Patrick in seinem Auto und war auf dem Weg zu uns. Nach Wietzen, ein idyllisches Dorf an der B6 zwischen Bremen und Hannover. Der komplette Hof samt Nebengebäude musste auf seine Substanz überprüft werden. Und wer sollte es besser können als einer vom Fach? Eben. Selten hatte ich so viele schlaflose Nächte vor Aufregung wie in der Zeit. Was wäre, wenn der Hof auch wieder kurz vorm Zusammenfallen ist? Aber eigentlich sah alles recht gut aus. Ein bißchen hatten wir ja bei unseren Besichtigungen und durch Patricks Tipps dazu gelernt. 2 Stunden lang guckte sich Patrick unser Traumobjekt an. Er durchleuchtete jeden Winkel und kletterte auf jeden Dachboden.  „Sofort kaufen!“ lautete sein Urteil! Da der Hof drei Schwestern gehörte, war unser nächster Termin ein sehr schönes und idyllisches Familien-Vorstellungsgespräch auf dem Hof, bei dem rauskam, dass es noch einen anderen Interessenten geben würde. Mein Herz sackte in die Hose.  Eine Woche Bedenkzeit sollte vor uns liegen, bis sich die Schwestern entscheiden wollten. In der Nacht schliefen wir überhaupt nicht. Auch den ganzen Tag danach konnten wir keinen klaren Gedanken fassen. Selbst Shoppen gehen lenkte überhaupt nicht ab. Je mehr Zeit verging desto mehr fragten wir uns, ob wir wirklich deutlich gemacht hatten, wie sehr wir uns in den Hof verliebt hatten? Hätten wir irgendwas anders machen/sagen sollen? Tausend Gedanken gingen uns durch den Kopf. Was machen wir, wenn wir keine Zusage bekommen? Dann platzt der Traum. Ich hielt es nicht mehr aus und rief eine der Schwestern an. Ich wollte nur noch einmal sagen, wie schwer verliebt wir in ihren Hof waren. Glücklicherweise erlöste sie uns direkt bei diesem Telefonat und sagte, dass sich alle drei bereits für uns entschieden hatten! Was für ein Gefühl! Unser Traum vom Resthof sollte wahr werden!!

Vor drei Wochen sind wir eingezogen. Nun leben  wir in Wietzen auf unserem Resthof inmitten von Ackerflächen und könnten uns nichts Schöneres vorstellen! Die Kinder laufen den ganzen Tag draußen rum ohne, dass man hinterher rennen muss. Sie haben endlich ein eigenes Zimmer, wo sie ihre Spielsachen verteilen können, wie sie lustig sind ohne, dass man sich unsägliche Schmerzen dank eines herumliegenden Legosteins zuzieht.  Wir haben eine große Eckbadewanne, in der wir alle schon gleichzeitig drin saßen – kein Schwimmbadbesuch mehr, wenn sie richtig sauber werden sollen! Das einzige, was sich noch nicht ganz geändert hat: Wir schlafen alle noch in einem Zimmer. Der Plan ist, dass sich die Kinder erstmal an ihr Schlafzimmer gewöhnen und Till und ich dann bei Zeiten ausziehen. Das tolle: sie schlafen bereits jetzt schon freiwillig in ihren eigenen Betten! Und Till und ich haben unsere Matratze endlich wieder ganz für uns – das erste Mal seit fast 4 Jahren!


Ole genießt den Platz – dass er einen eigenen Wald vor der Tür hat, hat er allerdings noch gar nicht kapiert, er ist noch damit beschäftigt, sein Gartenrevier zu markieren. Und zu guter Letzt´: unser treuer Gefährte Käpt´n Blaubär alias der Bus steht jetzt erstmal unterm Dach der Scheune. Er freut sich auf seinen Winterschlaf – und darauf, restauriert zu werden. Aber bis dahin dauert es noch, denn im Haus und Garten will hier auch so einiges gemacht werden.


Das Projekt der letzten Tage hieß: Schlafzimmer tapezieren. Mit Erfolg, denn heute habe ich mein Tapezier-Diplom bestanden: Meine allerersten Tapeten sind auch nach dem Streichen nicht wieder abgefallen! Allerdings habe ich während dessen beschlossen, dass viele der Tapeten in diesem Haus vielleicht auch einfach übergestrichen werden könnten. ;-)


Ich werde berichten.



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Kommentare: 15
  • #1

    Thomas Dreyer (Samstag, 16 August 2014 17:03)

    Willkommen

  • #2

    simon v. (Samstag, 16 August 2014 17:51)

    mensch, sachen gibt's!

    hättet uenzen haben können :-) kein klassischer resthof....aber egal.

    lg

  • #3

    Amelie (Samstag, 16 August 2014 18:14)

    @simon: leider nicht unsere preisklasse! ;-))

  • #4

    Bexi (Samstag, 16 August 2014 18:19)

    WAHNSINN!
    Ich bin begeistert!

  • #5

    Petra (Samstag, 16 August 2014 19:55)

    Cooolllll super, ich freu mich ganz dooolllll für Euch und wünsche Euch alles Gute :-) ganz liebe Grüße drück Dich ganz lieb

  • #6

    Erzengel Gabriel (Samstag, 16 August 2014 20:19)

    Welcome home !!!

  • #7

    molli (Sonntag, 17 August 2014 00:15)

    Herzlichen Glückwunsch!

    Das war jetzt sicher die richtige Entscheidung. -- Zu ahnen waren solche Wünsche für den aufmerksamen Zwischen-den-Zeilen-Leser aber schon eine Weile (siehe Lagerkoller in P) :)

    Der Zeitpunkt ist auch perfekt, wer weiß, wann schöne Häuser auf dem Land wieder dermaßen günstig zu haben sind. Die (bald nicht mehr so) Kleinen werden es über Jahre genießen.

    Und die übrigen Kommentare zeigen ja auch, dass die Sympathie mit Euch sicher nicht davon abhängt, ob Ihr grade dem Hippy-Trail folgt.

    Also alles Gute beim Neustart!

    Bloß nicht überanstrengen beim Renovieren, ist ja doch immer mehr als man glaubt.

    PS: Bei "Endstation" muss ich aber doch etwas schmunzeln... ;)

  • #8

    carlo (Sonntag, 17 August 2014 07:42)

    Hallo Jhr 5,gratuliere mit dem Haus,ja dann mal viel Spass beim Wohnen.Wir werden im Herbst nach Marroko und spæter nach Portugal Reisen.Mit den besten Reisegruessen Carlo + Dina wau waaauuu :-) :-)

  • #9

    Stefan (Montag, 18 August 2014 09:23)

    Sesshaft ? Das gleube ich ja noch nicht ganz. Bin gespannt und verfolge weiter. Alles Gute fuer Euch !

  • #10

    Kaspar und Claudia (Sonntag, 24 August 2014 14:08)

    Hei ihr Lieben, das sind ja News. Geniesst die Ruhe während das Fernweh stark an unseren Balken rüttelt.
    Wir kommen euch dann mal besuchen, aber erst, wenn die Tapeten wirklich nicht mehr runterfallen.
    All the best, die CC-Travellers, alias Claudia und Kaspar

  • #11

    Anja aus der Sparkasse (Dienstag, 26 August 2014 23:23)

    Ich wünsch euch ein wunderbares Ankommen und Dauer-Geniessen und ....ich wünsch uns... dass du nicht aufhörst zu schreiben....!!!

  • #12

    shogun (Donnerstag, 28 August 2014 14:22)

    Hallo ihr 5...6 .... 7 oder wieviel ihr jetzt seid :-)

    Das sind ja mal Nachrichten. Haben es uns ja eigentlich schon gedacht, dass ihr jetzt erst mal sesshaft werdet.
    Schönes Häuschen mit Stil.
    Und dann gleich auf 300m².

    Aber ist ja wie beim Womo: Platz ist schon was feines.
    Zu basteln hat Till ja dann erst mal genug. :-)
    Wir haben auch so einiges gebastelt. Das RV hat ein neues Design und noch so ein paar geänderte Innereien bekommen und jetzt gehts so langsam wieder richtig Süden.
    Vor November wollen wir die Alpen überquert haben.

    Werden an euch denken und auch immer wieder schauen, was sich bei euch so tut und welche Bewohner noch so dazukommen.
    Drücken euch ganz fest die Daumen für euren " Wiedereinstieg " in die Zivilisation ;-)

    ganz liebe Grüsse von Katrin, Hubertus und Nico

  • #13

    Amelie (Donnerstag, 28 August 2014 14:48)

    Danke!! Kommt uns jederzeit besuchen!! :-)

  • #14

    shogun (Donnerstag, 28 August 2014 15:33)

    Wenn es noch früher im Jahr wäre, hätten wir das auch gerne gemacht.
    Wir haben da oben in der Ecke noch ein paar gute Bekannte.
    Mal schauen, ob es uns noch mal mit Womo nach Deutschland verschlägt. Ihr habt ja soooo ein schönen Stellplatz.

    Katrin hat unsere Webseite http://www.solvana-shogun.com/ inzwischen schon recht schön gestaltet auf der ihr unsere Reise ja nach wie vor verfolgen könnt.

    lg Hubertus

  • #15

    Contender (Mittwoch, 24 September 2014 21:33)

    Hi,
    mal wieder auf eure Seite geschaut und festgestellt, das ihr nun in der Nachbarschaft wohnt. Wir hatten mal geschreiben, als ihr nen Schrauber für den Froschlaster hier in der Gegend gesucht hattet.
    LG,
    Micha